Frankreich: Sorge vor Arbeitskräftemangel wächst

Auch in Frankreich sorgt sich die Landwirtschaft zunehmend um eine ausreichende Versorgung mit Saisonarbeitskräften. Der französische Bauernverband (FNSEA) forderte die Regierung am 18. März auf, die notwendigen Schritte zu unternehmen, um dem absehbaren Engpass zu begegnen. Die Branche setze alles daran, die Versorgung auch in Zeiten der Krise sicherzustellen; dringend gebraucht werde jetzt Unterstützung im Bereich der Beschäftigung. Um dem drohenden Mangel zu begegnen, schlägt der FNSEA verschiedene Ausnahmeregelungen und Erleichterungen vor. So sollen Arbeitszeitvorgaben deutlich gelockert und Überstunden steuerlich begünstigt werden. Ferner will der Verband befristete Verträge und Zeitarbeit erleichtert sehen; außerdem sollten Schüler, Studenten sowie Arbeitnehmer, die andere Unternehmen in Kurzarbeit geschickt haben, eingesetzt werden können. Zumindest innerhalb der Europäischen Union sollten die Grenzen nach Ansicht des FNSEA für Saisonarbeitskräfte geöffnet bleiben. Die Interprofession für Obst und Gemüse (Interfel) regte derweil beim Landwirtschaftsministerium an, das Personal von Gartenzentren und Baumschulen einzusetzen, deren Aktivität mittlerweile nahezu zum Erliegen gekommen sei. Dem betroffenen Personal müsse ein Angebot gemacht werden, bei dem es aber nicht zu Gehaltseinbußen kommen dürfe. Während den Obst- und Gemüseerzeugern laut Interfel die größte Herausforderung noch bevorsteht, müssen die Futtermittelhersteller derzeit eine stark ansteigende Nachfrage bewältigen. Laut dem Branchenverband SNIA sind die Bestellungen zuletzt um 30 % gestiegen. Der Verband rechnet allerdings nicht mit Versorgungsengpässen, da die Lagerkapazität der Kunden begrenzt sei und Rinder zunehmend auf die Weiden gelangten. Schwierigkeiten gebe es allenfalls im logistischen Bereich, etwa durch fehlende Fahrer.

Die französische Regierung hat unterdessen für kleine und kleinste Unternehmen einen Hilfsfonds eingerichtet, um ihnen das Überleben zu ermöglichen. Nach Angaben von Wirtschaftsminister Bruno Le Maire soll zunächst eine pauschale Beihilfe von 1 500 Euro schnell, einfach und unbürokratisch ausgezahlt werden. In Anspruch nehmen können diese Unterstützung Unternehmen mit einem Umsatz von weniger als 1 Mio Euro und einem Erlösrückgang von mindestens 70 %. Damit dürften die meisten der etwa 3 600 Gartenbau- und Baumschulbetriebe in Frage kommen; 2018 wurde in der Branche laut der Agrarbehörde FranceAgriMer im Schnitt ein Umsatz von 230 000 Euro erwirtschaftet. Besonders pleitebedrohte Unternehmen können derweil auf weitergehende Hilfe vom Staat hoffen; laut Le Maire wird es für Betriebe mit mindestens einem Mitarbeiter spezielle Maßnahmen zur Konkursbekämpfung geben, die eine weitergehende finanzielle Unterstützung beinhalten. Auch die französischen Banken haben reagiert. Wie der Branchenverband (FBF) mitteilte, können Unternehmen in Schwierigkeiten nun die Tilgung von Darlehen ohne zusätzliche Kosten über einen längeren Zeitraum strecken. Zudem wird ein beschleunigtes Verfahren zur Vergabe von Krediten eingeführt.

Kriseninstrument für die Milchpolitik
Mit Sorge beobachtet auch der Milchsektor die jüngsten Entwicklungen. Hier verursacht der Wegfall des Verbrauchs in der Außer-Haus-Verpflegung ebenfalls Probleme, zumal Verarbeitungskanäle wie die Herstellung von Milchpulver bereits ausgelastet sind. Nach Angaben des kleineren Landwirtschaftsverbandes Coordination Rurale (CR) machen sich zudem Absatzschwächen und logistische Probleme in wichtigen Exportmärkten bemerkbar. Der Verband will der drohenden Milchkrise auf europäischer Ebene begegnen und unterstützt die Forderung des European Milk Boards (EMB) nach einem Kriseninstrument für die Milchpolitik in der EU. Es sei notwendig, die Gesamtproduktion der Milchbauern in der Gemeinschaft zu steuern und gegebenenfalls zu drosseln. Die CR forderte zudem, im Interesse der Markttransparenz jetzt alle Lagerbestände zu erfassen.  (AgE)

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