Breite Kritik an Butterpreissenkung

Die Protest- und Blockadeaktionen von Milchbauern gegen den Discounter Aldi vor dem Jahreswechsel haben doch nicht verhindert, dass der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) die Einkaufspreise für abgepackte Butter massiv gedrückt hat. Wie der Verband der Milcherzeuger Bayerns (VMB) am 5. Januar berichtete, hat der LEH bei den Kontraktverhandlungen mit den Herstellern die Abgabepreise für Päckchenbutter um 56 Cent/kg „nach unten geprügelt“. Bestätigt wurde das durch die amtliche Notierung der Süddeutschen Butter- und Käsebörse in Kempten für geformte Butter, die um 56 Cent auf eine Spanne von 3,24 Euro/kg bis 3,34 Euro/kg nach herabgesetzt wurde. Dieser Notierung liegen der Börse zufolge konkrete Verkaufsabschlüsse zugrunde, sie ist keine Meinungsnotierung. Der Kontrakt soll laut VMB bis Ende Februar gelten. Angesichts der überdurchschnittlichen Butternachfrage der Privathaushalte im Lockdown und der festen Preistendenz am Weltmarkt sei die drastische Preissenkung nicht marktkonform, monierte der Verband. Massive Kritik an der Preispolitik des LEH und dem dieses Mal im Vordergrund stehenden Discounter Aldi kam auch von politischer Seite. Die stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Gitta Connemann, bezeichnete das Taktieren als „unanständig“. Entgegen aller Versprechungen werde knallhart der Preis gesenkt, und die Bauern seien wieder einmal die Leidtragenden. Dies beweise, dass „Aldi und Co keine ehrbaren Kaufleute sind, schon gar nicht Partner der Landwirtschaft“, stellte die CDU-Politikerin fest. Diese reagierten offenkundig nur auf Druck. Für sie sei klar, dass nun alle Möglichkeiten der EU-Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken genutzt werden müssten. Dazu gehörten ein Verbot aller einseitigen Vorgaben und eine Ausweitung des Anwendungsbereiches. Zur Wahrheit gehöre aber auch, so Connemann, dass ein Großteil der Milch von Genossenschaften verarbeitet und gehandelt werde, die sich ebenfalls einen harten Preiswettbewerb lieferten.
Thüringens Landwirtschaftsminister Benjamin-Immanuel Hoff sprach sich dafür aus, den Einfluss der landwirtschaftlichen Produzenten auf die Preisgestaltung ihrer Produkte zu stärken. „Die Niedrigpreispolitik der Discounter ist weiterhin der wesentliche Grund für die schwierige Wirtschaftslage der Agrarbetriebe“, stellte der Minister fest. Er mache sich keine Illusionen über einen Mentalitätswechsel in der Geschäftspolitik des LEH, doch gute Arbeit und gute Produkte müssten gut bezahlt werden. „Für die Landwirtschaft gilt wie für alle Branchen: Von Arbeit muss man leben können“, betonte Hoff. Der Agrarsprecher der Grünen im Bundestag, Friedrich Ostendorff, erinnerte daran, dass viele Landwirte um Weihnachten vor den Zentrallagern des LEH protestiert und eine Zusage für eine nur moderate Butterpreissenkung erreicht hätten. Nun hätten Molkereien mit dem LEH auf dem Rücken der Bauern die Preise wieder „unnötig stark runtergeknüppelt“. Das sei „schändlich“ und ein „Desaster“. Handel und die Molkereien seien keine verlässlichen Verhandlungspartner und Vertrauen sei kaputtgegangen, beklagte Ostendorff. Der Vizefraktionschef der niedersächsischen CDU-Landtagsfraktion, Helmut Dammann-Tamke, forderte den LEH auf, sich „zur heimischen Produktion zu bekennen und dies auch in seiner Preisstruktur abzubilden“. Die erneute Diskussion um Aldi und die Butterpreise zeige, dass dies nicht geschehe. Doch Regionalität und Herkunft hätten ihren Preis. „Die Strukturen unserer heimischen Lebensmittelproduktion drohen durch die Marktmacht des LEH zu zerbrechen“, warnte der CDU-Politiker.
Der Bauernverband Mecklenburg-Vorpommern verglich die Situation am Milchmarkt mit dem Kampf von David gegen Goliath, doch sei unklar, ob David am Ende gewinne. Die Landwirte müssten sich zu oft den Bedingungen unterordnen, die der Handel diktiere. Nun würden trotz aller Bauernproteste und öffentlicher Zusagen die Einkaufspreise für Butter stark nach unten gedrückt. Mit dem Geschehen am Milchmarkt seien die niedrigeren Butterpreise im Einzelhandel nicht zu begründen. „Vielmehr ist der aktuelle Butterpreis ein Beispiel dafür, dass die großen Einzelhandelsunternehmen in Deutschland ihren Preiskampf gnadenlos auf dem Rücken der Landwirte austragen“, betonte der Landesbauernverband. Der Milchsprecher der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), Ottmar Ilchmann, nannte die jüngste Butterpreissenkung ein „skandalöses Zeichen des LEH“, zumal der Preis am Weltmarkt steige. Aber auch die Molkereien ließen ihre Lieferanten im Regen stehen, denn sie verkauften ihre Butter zu diesem desaströsen Preis an den Handel und gäben die Abschläge bequem an ihre Milchbauern weiter. „Das zeigt doch einmal mehr, dass dieses System falsch ist und dringend geändert werden muss“, betonte Ilchmann. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, merkte kritisch an, dass Billigpreise für tierische Produkte den Landwirten jede Luft nähmen, um in den Umbau von Ställen hin zu mehr Tierschutz zu investieren. (AgE)

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