Gegen irreführende Nährwertangaben auf Lebensmittelverpackungen im Allgemeinen und gegen den Nutri-Score im Speziellen haben sich die EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA) und ländlichen Genossenschaften (COGECA) ausgesprochen. Wie die Dachverbände am 15. September zugleich betonten, ist es nichtsdestoweniger ausgesprochen wichtig, die Verbraucher angemessen zu informieren und sie bei der Auswahl gesunder Lebensmittel zu unterstützen. Dies müsse aber auch dazu führen, dass solche Informationen Produkte förderten, die gemäß wissenschaftlicher Erkenntnisse tatsächlich auch zum Verzehr zu empfehlen seien. Darüber hinaus sollte jede Art von Kennzeichnung gesunde Produkte nicht diskriminieren und Erzeugnisse nicht bestrafen, die auf dem kulturellen und kulinarischen Erbe Europas basierten, heißt es in einer Stellungnahme von COPA und COGECA. Bedenken äußern die Dachverbände vor allem im Hinblick auf das sogenannte Ampelsystem – auch Nutri-Score – genannt. Aufgrund ihres Farbsystems stelle diese Kennzeichnung eine zu vereinfachte Klassifizierung von Lebensmitteln dar; hochnahrhafte Produkte, die in allen Ernährungsempfehlungen zu finden seien, würden stigmatisiert, so zum Beispiel Olivenöl. Zugleich stellt die Nährwertampel laut COPA und COGECA häufig Produkte ohne Nährwert oder sogar ungesunde Produkte wie Diät-Erfrischungsgetränke in ein gutes Licht. Das Problem sei vor allem, dass sich diese Etikettierung auf eine sehr begrenzte Anzahl von Nährstoffen wie Zucker, Fett und Salz oder die Energieaufnahme konzentriere.In Italien bekräftigte derweil der mitgliederstärkste Landwirtschaftsverband (Coldiretti) seine starken Vorbehalte gegenüber dem Nutri-Score. Es sei inakzeptabel, eine Regelung, die den Konsumenten zum Verzehr von Erzeugnissen minderer Qualität verleite, als Verbraucherschutz auszugeben, erklärte Verbandspräsident Ettore Prandini. In der täglichen Ernährung müsse eine Balance zwischen den verschiedenen Bestandteilen angestrebt werden, wie es die italienische Kennzeichnung „NutrInform Battery“ vorsehe. Nach Ansicht von Coldiretti verleiten Lebensmittelampeln wie der Nutri-Score oder das in Großbritannien eingeführte System „mit einer schönen grünen Farbe“ die Konsumenten dazu, sich für vermeintlich gesündere Produkte mit kostengünstigen und „synthetischen“ Inhaltsstoffen zu entscheiden. Die irreführenden, diskriminierenden und unvollständigen Kennzeichnungssysteme führten dazu, dass gesunde und natürliche Lebensmittel, die seit Jahrhunderten auf den Tisch kämen, zu Gunsten künstlicher Produkte benachteiligt würden. Coldiretti bevorzuge daher das von der italienischen Regierung ausdrücklich als Alternative zum Nutri-Score entwickelte System „NutrInform Battery“, weil es Lebensmitteln keine Gesundheitswirkung zuschreibe – vor allem aber, weil Produkte mit geschützten Herkunftsbezeichnungen nicht damit gekennzeichnet würden, erklärte Prandini. Laut Beobachtern verbirgt sich hinter der Ablehnung des Nurtri-Score auch die Furcht der italienischen Agrar- und Ernährungswirtschaft vor Exporteinbußen. Nach Ansicht von Coldiretti wiederum ist die Ausbreitung der französischen Kennzeichnungsregelung dem Druck internationaler Lebensmittelkonzerne geschuldet. (AgE)