Forderung nach kräftiger Rohmilchpreisanhebung unrealistisch

Morgen werden wieder Landwirte vor die Tore von Molkereien und Schlachtereien ziehen und angesichts ihrer wirtschaftlich angespannten Situation höhere Erzeugerpreise fordern. Die von den im „Milchdialog“ zusammengeschlossenen Organisationen verlangte Anhebung des Rohmilchpreises um mindestsens 15 Cent/kg hält der Milchindustrie-Verband (MIV) jedoch für unrealistisch. „Wir verstehen die Situation der der Landwirte, aber es wird keine Wunder geben“, erklärte MIV-Vorsitzender Peter Stahl heute bei einer Pressekonferenz des Verbandes. Er wies daraufhin, dass Deutschland über seine Ein- und Ausfuhren eng mit anderen Märkten verbunden sei und das Erzeugerpreisniveau hierzulande auf EU-Niveau liege. „Es wäre eine Illusion zu glauben, dass sich daran massiv etwas ändern könnte“, so Stahl.
Der MIV-Vorsitzende wies zudem darauf hin, dass die Corona-Situation nicht nur die Landwirte, sondern auch die Molkereien mit Kostensteigerungen und geringerer Rentabilität fordere. So hätten Fertigungslinien wegen des Wegfalls von Absatzkanälen umgestellt, Hygienemaßnahmen eingeführt oder den Mitarbeitern Zuschläge gezahlt werden müssen. Darüber hinaus seien die Kosten für Verpackungen und Bürokratie gestiegen. Stahl stellte zudem klar, dass die geforderte konzertierte Anhebung der Molkereiabgabepreise nach deutschem und europäischem Kartellrecht nicht möglich sei.
Molkereien und die Landwirte müssten gemeinsam darauf hinarbeiten, die Vermarktung und die Kommunikation für die Milch zu stärken. „Konfrontation oder Blockaden lösen das Problem nicht, nur der Dialog“, betonte Stahl. Ein Baustein, um die Situation zu entspannen, sei aus Sicht des MIV die Exporte weiter zu fördern, um Märkte zu sichern und damit auch langfristig einen guten Milchpreis sicherzustellen. Denn Handelskriege, wie mit den USA oder Russland, schadeten der Milchvermarktung. Erschwerend komme der drohende Brexit hinzu.
Der stellvertretende MIV-Vorsitzende Hans Holtorf merkte an, dass die „Milchproduktion auf Corona nicht reagiert hat“ und der Mengenabfluss über Exporte erfolgt sei, ohne die es einen noch stärkeren Einbruch der Verwertungen gegeben hätte. „Die Exportmärkte sind nicht nur die schlechten“, machte Holtorf klar und erinnerte daran, dass diese durchaus auch schon für höhere Auszahlungspreise gesorgt hätten. Für den Jahresmilchpreis 2020 sei ein durchschnittliches Niveau von 32,50 Cent/kg zu erwarten, was 1 Cent weniger als im Vorjahr und sicher nicht auskömmlich für die Milchbauern sei. Doch angesichts der schwierigen Rahmenbedingungen durch die Corona-Krise sei das immer noch eine „hervorragende Leistung der Molkereiwirtschaft“. (AgE)

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