Milch wichtiger Teil der Ernährungssicherung und Landwirtschaft

Der Internationale Tag der Milch ist am 1. Juni nicht nur hierzulande, sondern auch weltweit mit vielen Aktionen und Veranstaltungen begangen worden. Der Vize- und Milchbauernpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal, nahm dies zum Anlass, um angesichts des Ukraine-Krieges und den daraus resultierenden Marktverwerfungen auf die Bedeutung der heimischen und globalen Ernährungssicherung hinzuwiesen. „Hierzu leisten auch unsere Milchbauern ihren täglichen Beitrag und investieren darüber hinaus in Tierwohl und Umweltschutz“, betonte Schmal. Es gelte eine Balance zu finden zwischen den ökonomischen Zwängen, der Ernährungssicherung und den Leistungen für mehr Tierwohl und Umweltschutz. „Für diese Umsetzung sehen wir die gesamte Wertschöpfungskette und auch die Politik in der Pflicht“, so der DBV-Vizepräsident. Der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV), Michael Horper, rückte neben der Bedeutung der Milch für eine ausgewogene Ernährung auch die wichtige Funktion der Milchviehbetriebe für die ländlichen Regionen und die Kulturlandschaft in den Blickpunkt. „Die Rinderhaltung ist gerade in unseren Mittelgebirgslagen eine wichtige Stütze der dörflichen und wirtschaftlichen Strukturen. Außerdem werden durch die Erzeugung von Grünfutter die Wiesen und Weiden gepflegt, was schließlich der Artenvielfalt dient“, erläuterte der Landesbauernpräsident. Sorgen bereitet Horper jedoch der stetig voranschreitende Strukturwandel in der Landwirtschaft und die Aufgabe vieler Milcherzeuger in Rheinland-Pfalz. „Die Landwirtschaft muss aufgrund ihrer Bedeutung endlich wieder mehr Wertschätzung durch die Bevölkerung erfahren“, mahnte der BWV-Präsident. Die Milch der regionalen Betriebe müsse verstärkt von den Verbrauchern nachgefragt und gekauft werden, denn so würden die heimische Landwirtschaft, die Kulturlandschaft und die Artenvielfalt gestärkt.
Für den Vizepräsidenten des Landesbauernverbandes in Baden-Württemberg (LBV), Gerhard Glaser, sind Milchkühe das Paradebeispiel für eine biologisch sinnvolle Kreislaufwirtschaft. „Das ökologisch besonders wertvolle Grünland kann nur durch den Tiermagen in hochwertige Nahrungsmittel verwandelt werden“, erläuterte Glaser. Dafür seien Kühe prädestiniert, ohne sie würde Grünland als wichtiger Kohlenstoffspeicher und als wichtiger Teil der CO2-Atmung verlorengehen. Zudem lieferten die Tiere hochwertigen Naturdünger. Das von der Kuh produzierte und für das Klima schädliche Methan werde dagegen in der Atmosphäre in relativ kurzer Zeit abgebaut, es reichere sich nicht an. Zudem sei der Methanausstoß je erzeugtem Liter Milch in den letzten Jahren immer weiter gesunken „Die Milchkuh ist daher weit besser als ihr Ruf“, hob der Vizebauernpräsident hervor. Wenn der Verbraucher etwas für Klima und Umwelt, für die Pflege der schönen Kulturlandschaft und eine gesunde, vollwertige Ernährung tun wolle, dann liege er mit dem Kauf von Milchprodukten aus heimischer Produktion genau richtig.
Der Vorsitzende des Milchbeirats im Landesbauernverband (LBV) Brandenburg, Lars Schmidt, wies darauf hin, dass in vielen Regionen Deutschlands ein starker Strukturwandel in der Milchviehhaltung erfolge. Allein in Brandenburg sei die Zahl der Kühe in den vergangenen 30 Jahren um mehr als 150 000 Stück oder 54 % auf nur noch 132 350 Tiere gesunken. Damit werde auf ländliche Wertschöpfung auf der Grundlage natürlicher Nährstoffkreisläufe verzichtet, monierte Schmidt. Stattdessen würden pflanzliche Milchalternativen gepusht, die über eine künstliche und energieaufwendige Anreicherung von Nährstoffen versuchten, das unverarbeitete und bessere Originalprodukt Milch zu imitieren. „Uns geht es darum, die Milcherzeugung auch zukünftig als ein natürliches, bewährtes Kreislaufsystem zwischen Boden, Pflanze, Tier zu denken und umzusetzen“, erklärte Schmidt. Milch sei für ihn „ein Zaubertrank“, der die Wertschöpfung in Brandenburg erhalten könne. Dafür sei aber mehr Wertschätzung für dieses Produkt und mehr Fairness zwischen den Erzeugern und den abnehmenden Molkereien nötig. Dazu gehörten auch Milchlieferverträge, die vertragliche Vereinbarungen über Mengen und Preisen beinhalteten.
Der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) warb am Tag der Milch mit einer Aktion vor dem Bundeslandwirtschaftsministerium für Systemänderungen im Ernährungssektor, um weltweit Armut und Hunger zu bekämpfen und hiesigen Milcherzeugern faire Preise zu ermöglichen. „Rund ein Drittel der Nahrungsmittel landet in den Industrieländern in der Tonne“, beklagte der BDM-Vorsitzende Stefan Mann. Damit würden natürliche Ressourcen für die Nahrungsmittelherstellung, wie Boden, Wasser und Energie, verschwendet. „Das Problem von Hunger und Armut ist im Gesamten gesehen weniger ein Mengenproblem als vielmehr ein Wertigkeits- und Verteilungsproblem“, folgerte Mann. Angesicht der steigenden Lebensmittelpreise wies BDM-Sprecher Hans Foldenauer darauf hin, dass auch die landwirtschaftlichen Erzeuger mit viel höheren Kosten zu kämpfen hätten und sich dies nun auch in den Produktpreisen widerspiegle. „Wird bewusster eingekauft und weniger weggeworfen, können die Teuerungen zum ganz großen Teil wieder aufgefangen werden“, so Foldenauer. Trotzdem gebe es Teile der Bevölkerung, die die steigenden Lebensmittelpreise ganz real vor Probleme stellten. „Allerdings können nicht die Landwirte gefordert sein, diese soziale Schieflage auszugleichen, die Ausdruck eines politischen Versagens der letzten Jahrzehnte ist“, betonte der BDM-Sprecher. Letztlich würden faire Lebensmittelpreise einen achtsameren Umgang mit diesen bewirken, was den Ressourcenverbrauch senke.
Laut dem Anbauverband Demeter muss die Milcherzeugung nicht klimabelastend sein, wenn sie nachhaltig und ohne Importfuttermittel aus Übersee erfolgt. Bei einem ganzheitlichen Ansatz könne sie sogar einen Beitrag zur CO2-Bindung leisten, die Biodiversität fördern und die Ernährung sinnvoll ergänzen. „Unsere Demeter-Milchbäuerinnen und -bauern halten nur so viele Tiere, wie der eigene Hof ernähren kann. Die Kuh ist zentraler Bestandteil einer Landwirtschaft, die den Boden und das Klima schützt und die Artenvielfalt fördert“, erläuterte der Vorstand des Anbauverbandes, Dr. Alexander Gerber. Kühe, die hauptsächlich von Wiesen und Weiden ernährt würden, konkurrierten nicht um Getreide, Mais und Soja, die dringend für die Ernährung der Menschen benötigt würden. Zudem fördere die Weidehaltung das Wurzelwachstum und den Humusaufbau. Dadurch könne der Boden mehr Kohlenstoff speichern, was dem Klima helfe. Um klimaschädliche Emissionen zu vermindern, müsse langfristig die Tierhaltung verringert werden, wobei der Ökolandbau mit an Flächen gebundenen Tierzahlen als Leitbild diene.
Der Dachverband European Milk Board (EMB) machte zum Weltmilchtag darauf aufmerksam, dass für eine sichere Versorgung mit Lebensmitteln auch Menschen in der Produktion benötigt würden. Doch gerade in der Landwirtschaft stellten immer mehr Höfe die Erzeugung ein, und Arbeitskräfte fehlten, was die Ernährungssicherheit gefährden könne. Um dies zu stoppen, müssten die Erzeuger von den Verarbeitern und dem Handel höhere Preise erhalten, um nicht auf den gestiegenen Produktionskosten sitzen zu bleiben. Insbesondere die Milchbauern litten schon seit Jahren unter einer Kostenunterdeckung. Nötig seien faire Verträge, welche die Erzeugerpreise an die Produktionskosten koppelten. Um dies durchzusetzen, müsse die Marktposition der Bauern über Zusammenschlüsse verbessert werden. Der EMB rief die EU-Kommission dazu auf, über „Spiegelklauseln“ sicherzustellen, dass Importe dieselben hohen Standards wie in der Gemeinschaft einhielten. Zudem müsse für künftige Marktkrisen infolge eines Überangebots vorgesorgt werden, indem ein Programm mit finanziellen Anreizen zur kurzfristigen Produktionsdrosselung eingeführt werde. (AgE)

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.