Preisanstieg bei Milchprodukten noch nicht am Ende

 

 

 

 

 

Der Ukraine-Krieg beziehungsweise die daraus resultierenden Auswirkungen auf die Märkte stellen die Milchbauern und Molkereien vor enorme Herausforderungen. „Wir haben ein ganz schwieriges Umfeld mit massiven Kostensteigerungen in vielen Bereichen für die Molkereien“, stellte am 21. Oktober der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Peter Stahl, bei der Pressekonferenz zur Jahrestagung in Berlin fest. Die Rohmilch für die Verarbeitung, Energie, Rohstoffe und Verpackungen, die Logistik und nicht zuletzt das Personal, alles sei teurer geworden. Die Kostensteigerungen seien nur mit Zeitverzug in höhere Abgabepreise umzusetzen, was noch nicht beendet sei. „Wir stehen noch vor weiteren Preissteigerungen, was wir auch bei den Ladenverkaufspreisen sehen werden. Da ist das Ende der Fahnenstange noch nicht erreicht“, so der MIV-Vorsitzende. Nach Einschätzung des MIV-Hauptgeschäftsführers Eckhard Heuser werden die voraussichtlichen Preisanhebungen in den Geschäften jedoch nach Warengruppen unterschiedlich ausfallen und in der Summe auch nicht mehr so stark wie zuletzt ausfallen. Das hänge mit der Fristigkeit der abgeschlossenen Kontrakte zusammen. So habe der Butterpreis wohl „seine Oberkante erreicht“, während bei Käse im November und bei Konsummilch im Januar noch Preisanpassungen erfolgen dürften. Laut MIV lag der Umsatz der Milchwirtschaft 2021 bei 28,5 Mrd Euro und wird nach Schätzung von Heuser in diesem Jahr preisbedingt um rund 15 % bei stark gestiegenen Kosten zunehmen. Für den Milchpreis erwartet er einen Anstieg von 36 Cent/kg im Vorjahr auf mehr als 50 Cent/kg im Schnitt für 2022. Aktuell müssen laut MIV einige Molkereien bereits mehr als 60 Cent/kg für die Rohmilch zahlen, womit Deutschland die höchsten Preise in der EU habe und 10 Cent über dem Nachbarland Frankreich liege. Zudem sei die „Milchpreisrally“ noch nicht beendet, bei im Vorjahresvergleich rückläufigen Anlieferungen und geringeren Milchinhaltsstoffen herrsche vor allem in Süddeutschland ein großer Wettbewerb um die knappe Rohmilch.
Nach wie vor große Sorge bereitet der Milchwirtschaft die zukünftige Gasversorgung. „Wir sind auf eine stabile Energieversorgung angewiesen“, machte Stahl erneut deutlich. Die Milchverarbeiter hätten in den vergangenen Jahren aufgrund von Änderungen in der Umweltgesetzgebung und der Wirtschaftlichkeit vermehrt auf moderne Technik und Gas als Energieträger gesetzt. Ein Rückbau auf Öl oder alternative Energiequellen sei nicht kurzfristig und auch nicht überall möglich. Milch sei ein verderbliches Gut, das täglich verarbeitet werden müsse. Energie werde auch für die Haltbarmachung und Umwandlung in Verbraucherprodukte benötigt. „Deshalb bitten wir darum, dass wir hier nicht von Seiten der Politik im Stich gelassen werden“, erklärte Stahl. Der stellvertretende MIV-Vorsitzende Hans Holtorf wies ergänzend darauf hin, dass die fehlende Lieferzusicherung und der volatile Gaspreis zu großen Unsicherheiten führten, was insbesondere beim Abschluss längerfristiger Kontrakte ein Problem darstelle. Sicher sei, wenn kein Gas mehr fließe, könne die Versorgungssicherheit mit Milchprodukten nicht mehr flächendeckend aufrechterhalten werden.
Für die künftige Rahmmilchproduktion in Deutschland geht Holtorf davon aus, dass „die Spitze bereits erreicht“ worden sei. Selbst die hohen Erzeugerpreise würden in diesem Jahr einen Rückgang der Milchproduktion nicht aufhalten. Es gebe weniger Betriebe und Milchkühe. Auch für Stahl ist der „Milch-Peak“ überschritten und zwar nicht nur hierzulande, sondern auch in der Europäischen Union. Das liege an den immer höheren Auflagen für die Tierhaltung. „Das ist ein Stück weit auch politisch so gewollt“, sagte Stahl und verwies auf das Beispiel der Niederlande.
Auch der Absatz von Milchprodukten wird dem MIV zufolge in diesem Jahr entsprechend rückläufig sein. Aufgrund der Inflation und engerer Haushaltsbudgets verlagere sich die Nachfrage weg von Markenartikeln hin zu Eigenmarken und Sonderangeboten. Biomilchprodukte hätten es in diesem Umfeld ebenfalls schwer. Bei Konsummilch sei seit Jahren ein rückläufiger Verbrauch festzustellen, was auch am Erfolg der im Trend liegenden pflanzlichen Ersatzprodukte wie Hafermilch liege. Heuser beklagte, dass im Gegensatz zu früher beim Schulmilchprogramm Erdbeer- oder Schokoladenmilch mittlerweile wegen des Zuckes verboten sei. Selbst die normale Konsummilch werde von einigen Eltern „verteufelt“ und fliege aus dem Programm, während man beim Hausmeister problemlos Soja- oder Hafermilch ohne Beihilfe kaufen könne. Für Holtorf sind deshalb die Bemühungen der von der Molkereiwirtschaft finanzierten „Initiative Milch“ wichtig, die mit einem altersgerechten und digitalen Auftritt insbesondere junge Menschen für die Milch gewinnen wolle. (AgE)

 

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