Nach der vom Lebensmitteleinzelhandel (LEH) Anfang Januar erzwungenen Senkung der Molkereiabgabepreise für Butter um mehr als 50 Cent/kg haben sich die Wogen noch nicht geglättet. Wie das Landvolk Niedersachsen am 11. Januar mitteilte, hat diese Senkung „das Butterfass zum Überlaufen gebracht“. „Weder Verbraucher noch Politik und erst recht nicht die Landwirte – insbesondere die Milchbauern – haben Verständnis für diese asoziale Aktion des Discounters Aldi und für das Geschäftsgebaren des Lebensmitteleinzelhandels allgemein“, betonte Landvolk-Vizepräsident Manfred Tannen. In das internationale Preisgefüge passe die aktuelle Butterpreissenkung des Handels nicht. Doch gehe es hier nicht um Markt, „sondern auch um Macht der Konzerne und um den Kampf von Marktanteilen im Lebensmitteleinzelhandel“, monierte der Vizepräsident. Während der LEH immer weiter steigende Renditen einfahre, treibe er durch seine Einkaufspolitik Zulieferer und landwirtschaftliche Betriebe an den Rand des Ruins. Höhere Standards, Auflagen und Gesetze erhöhten die Produktionskosten bei den Milchbauern, die der Markt nicht ausreichend vergüte. „Hier ist Politik in der Pflicht, für Rahmenbedingungen zu sorgen, die ein Überleben der hiesigen Betriebe ermöglicht“, forderte Tannen. Der Verband der Milcherzeuger Bayern (VMB) berichtete am vergangenen Montag, dass die Butterpreise für Verbraucher im LEH bisher nicht entsprechend dem Abschlag bei den Einkaufspreisen nach unten angepasst worden seien. Im normalen Preiseinstiegssegment liege der Preis für das 250-g-Päckchen unverändert bei 1,39 Euro. So würden die Verbraucher „geschröpft“ und Molkereien und Bauern unter Druck gesetzt, während sich der Handel „fette Gewinnmargen“ sichere. Dass bei weiter zunehmender Konzentration des Oligopols beim LEH nun auch der Verbraucher nicht mehr – von Angeboten abgesehen – von eigentlich zu billigen Nahrungsmittelpreisen profitieren könne, sollte Politik und auch Verbraucherverbände spätestens jetzt wachrütteln, erklärte der VMB.
Anlässlich der Butterpreissenkung im Lebensmitteleinzelhandel (LEH) fordertet der Präsident des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau (BWV), Michael Horper, erneut, dass Werbung mit Ramschpreisen rechtlich untersagt werden müsse. „Der LEH knüppelt erneut die Preise nach unten, wohl wissend, dass die privaten wie genossenschaftlichen Molkereien sich wechselseitig unterbieten“, kritisierte Horper. Obwohl der Weltmarktpreis für Butter zuletzt deutlich gestiegen sei, verweise der Handel darauf, dass Weihnachten vorbei sei und schon immer die Abgabepreise für Päckchenbutter nach den Feiertagen zurückgingen. Eine derartige Vorgehensweise sei keine Partnerschaft zum Wohle aller, sondern eine „marktbeherrschende Diktatur der großen Handelsketten“, so Horper. Gleichzeitig werde der Wert von Nahrungsmitteln mit Füßen getreten. „Das ist politisch und gesellschaftlich skandalös sowie wirtschaftlich ruinös“, monierte der Verbandspräsident. Die jüngsten Protest- und Blockadeaktionen von Milchbauern hätten gezeigt, dass bisher weder Gespräche noch Vernunft zu einem Umdenken in den Führungsetagen des LEH geführt hätten. Dies müssten auch die Parlamentarier im Deutschen Bundestag erkennen und das Kartell- wie auch das Wettbewerbsrecht so ändern, dass unlautere Handelspraktiken und Machtmissbräuche verhindert würden. „Wer die soziale Marktwirtschaft erhalten will, muss eine zerstörerische Marktwirtschaft mit allen Mitteln bekämpfen“, betonte Horper. Dazu gehöre auch ein Verbot der Werbung für Nahrungsmittel mit skandalösen Preisen.
Die im „Milchdialog“ zusammengeschlossenen Organisationen halten die Diskussionen zwischen Handel, Verarbeitern und Politik, wer wie viel Verantwortung für die aktuellen Butterpreissenkungen trägt, für wenig zielführend. „Wir dürfen über der Schuldfrage nicht vergessen, dass es weitaus wichtiger ist, jetzt konstruktiv nach vorn an Lösungen für eine höhere Wertschöpfung für die Erzeuger zu arbeiten“, hieß es am 12. Januar in einer Pressemitteilung. Der Milchdialog habe bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass alle Teilnehmer der Wertschöpfungskette Verantwortung übernehmen müssten, wenn es darum gehe, den Landwirten eine höhere Wertschöpfung zu ermöglichen. Sollte der Bundesverband des Deutschen Lebensmittelhandels (BVLH) – wie angekündigt – zu einem Spitzengespräch einladen, seien auch die Verarbeiter aufgefordert, sich aktiv daran zu beteiligen, um Lösungen statt Schuldfragen zu erörtern. Die kurzfristige Öffnung der bestehenden Kontrakte als schnellstes Mittel, um Geld auf die Betriebe zu bringen, müsse dabei unbedingt Teil des Gesprächs sein. Das Ziel der Organisationen des Milchdialogs sei es immer gewesen, mit einer starken Stimme für die Bauern zu sprechen. „Wir müssen klar und deutlich formulieren, worauf es im Wesentlichen ankommt“, betonte der Milchdialog. Für eine kurzfristige Preiserhöhung seien beispielsweise andere Instrumente nötig als für die mittel- und längerfristige Umsetzung höherer Erzeugerpreise. In Verhandlungen mit Politik und Handel dürfe man sich nicht in Detaildiskussionen verlieren, weshalb es dafür eine sorgfältige argumentative und strategische Vorbereitung brauche. (AgE)