London rechnet bei einem No-Deal mit Versorgungsengpässen

Die britische Regierung rechnet bei einem Brexit ohne Abkommen mit der Europäischen Union, einem sogenannten „No-Deal“, mit Engpässen in der Versorgung der Bevölkerung mit Nahrungsmitteln. Das geht aus einem Vorbereitungspapier hervor, das Premierminister Boris Johnson auf Druck des Londoner Unterhauses am 11. September veröffentlicht hatte. Unter der Bezeichnung „Yellowhammer“ wird in dem Papier aufgeführt, was im schlimmsten Fall die Konsequenzen eines ungeordneten Austritts aus der Europäischen Union sein könnten. Neben „Protesten und Störungen der öffentlichen Ordnung“ kann es nach Einschätzung der Regierung zu einer unzureichenden Versorgung der Bevölkerung vor allem mit frischen Lebensmitteln kommen. Ein Grund dafür seien beispielsweise drohende Verzögerungen beim Grenzverkehr. Außerdem bestehe das Risiko, dass Panikkäufe die Nahrungsmittelknappheit noch verschlimmerten. Eine Unterversorgung wird auch bei Medizinprodukten sowohl für den Human- als auch für den Veterinärbereich befürchtet. In deren Folge könnten Tierkrankheiten bei Tieren ausbrechen, die auch die menschliche Gesundheit beeinträchtigen könnten, heißt es in den Yellowhammer-Papieren. Zudem werden in den britischen Gewässern Konflikte mit europäischen Fischern über Fangrechte befürchtet. Laut Darstellung der Präsidenten der EU-Ausschüsse der Bauernverbände (COPA), Joachim Rukwied, und der ländlichen Genossenschaften (COGECA), Thomas Magnusson, fürchten vor allem die irischen Rindfleischerzeuger einen Markteinbruch; zugleich haben die Erzeuger auf dem Festland Angst vor einer Schwemme irischen Rindfleischs auf ihren Märkten. Vor besonders große Probleme seien allerdings die Erzeuger frischer Lebensmittel wie Obst- und Gemüse gestellt, erklärten die beiden Präsidenten. Sorgen machten sich vor allem Produzenten in den Niederlanden, aus Belgien sowie aus Spanien. Ob es dem Premier Johnson noch gelingen kann, wie angekündigt vor dem 31. Oktober einen No-Deal abzuwenden, bleibt indes fraglich. Für Diskussionen sorgte ein älterer Vorschlag der EU-Kommission, der Nordirland nach einem Austritt in der Zollunion halten würde. So könnte der in London ungeliebte Back-Stop verhindert werden. Eine Zustimmung der Briten dazu gilt allerdings als unwahrscheinlich. Trotz eines entsprechenden Unterhausvotums hatte Johnson eine Verlängerung der Brexitfrist über dem 31. Oktober hinaus abgelehnt. (AgE)

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