Irland: Kuhmilch wird zur Mangelware

 

Irlands Milcherzeugung sinkt aktuell so stark wie in keinem anderem EU-Mitgliedstaat. Das ist ungewöhnlich, denn von 2012 bis 2022 wurde die Milchkuhherde noch um 42% auf 1,51 Mio. Tiere aufgestockt. In der Folge schnellte die Anlieferungsmenge an die Molkereien um 69% auf 9,09 Mio Tonnen nach oben. Doch bereits im vergangenen Jahr setze beim sechstgrößten Milcherzeuger der EU eine Trendumkehr ein; die Produktion sank um 4,1% auf 8,71 Mio. Tonnen. Im letzten Quartal 2023 lieferten die irischen Milchbauern 29% weniger Rohstoff an ihren Molkereien. Im Januar und Februar 2024 lag das Minus bei fast 15% im Vergleich zu den beiden Vorjahresmonaten.
Die britische Absatzförderungsorganisation für Landwirtschaft und Gartenbau (AHDB) macht für den aktuellen Rückgang vor allem widrige Witterungsbedingungen verantwortlich. Es sei in den vergangenen Monaten über weite Strecken zu nass gewesen, was sich auf die grasbasierte Milchwirtschaft in Irland stark auswirke, erläuterten die Analysten. Das schlechte Herbstwetter habe dazu geführt, dass die Kühe früher in den Stall gebracht werden mussten. Zudem habe das nasse Frühjahr den Beginn der Weidesaison verzögert, wodurch die Milchleistung je Kuh gesunken sei. Darüber hinaus habe die nasse Witterung zu höheren Kosten für Futter und Einstreu geführt. Laut Branchenvertretern ist der Milchpreis unter die Produktionskosten gefallen, was die Milcherzeugung bremse.
Die irische Milcherzeugung ist laut AHDB stark saisonabhängig und erreicht ihren Höhepunkt im Frühjahr nach dem Abkalben. Das Abkalben dauert normalerweise von Januar bis Mitte April, doch in diesem Jahr hat sich die Saison nach hinten verschoben. Das hat zu den geringeren Milchanlieferungen zu Beginn des Jahres beigetragen, weil die Kühe ihren Laktationshöhepunkt später in der Saison erreichen. Ein weiterer Faktor für geringere Milchmengen sind die zunehmenden Umweltvorschriften. Um die EU-Nitratrichtlinie einzuhalten, soll nach dem Willen der Regierung der irische Milchkuhbestand verringert werden. Die Folgen des geringeren Milchaufkommens werden momentan vor allem in der Buttererzeugung sichtbar, die im Januar und Februar 2024 gegenüber den beiden Vorjahresmonaten um 27,2% auf 13.100 Tonnen eingebrochen ist. Die Ausfuhrmenge ging in diesem Zeitraum um 18% zurück. (AgE)

Bayerische Genossenschaften: Umsatzplus in volatilem Umfeld

 

 

Der Gesamterlös der 1.031 bayerischen Waren- und Dienstleistungsgenossenschaften ist 2023 in einem volatilen Umfeld gestiegen, wobei aber die agrarisch geprägten Unternehmen überwiegend Einbußen hinnehmen mussten. Der Genossenschaftsverband Bayern (GVB) bezifferte am 23. April den Gesamtumsatz auf insgesamt 16,6 Mrd. Euro; das waren ungefähr 600 Mio. Euro mehr als 2022. „Genossenschaften zeigen, was in ihnen steckt, wenn das Gesamtumfeld von Unsicherheiten geprägt ist“, betonte GVB-Präsident Gregor Scheller. Außerdem habe der Verband im vergangenen Jahr 51 neue Genossenschaften – davon 40 Energiegenossenschaften – als Mitglieder aufgenommen; das sei ein Rekord.
Im Einzelnen weist die Bilanz für die 99 bayerischen Milchgenossenschaften einen Umsatzrückgang von 3,7% auf 3,8 Mrd. Euro aus. Dieses Minus entspricht in etwa dem Rückgang des durchschnittlichen Milchauszahlungspreises. Indes verringerte sich der Umsatz der 74 Raiffeisen-Warenunternehmen sogar um 11% auf 1,6 Mrd. Euro. Laut GVB fiel der Rückgang im Vergleich zum Ausnahmejahr 2022 jedoch niedriger aus als noch zu Jahresbeginn 2023 erwartet worden war. Damit hat sich die Kennzahl auf ein „normales Niveau“ mit positiver Tendenz eingependelt.(AgE)

 

Mehr US-Kühe mit Vogelgrippe infiziert

In den USA haben sich mittlerweile Tiere in 32 Milchkuhherden in neun Bundesstaaten mit dem Virus der hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) von Typ H5N1 infiziert. Laut der Behörde für Tier- und Pflanzengesundheit (APHIS) wird weiter angenommen, dass wilde Zugvögel die Ursprungsquelle für die Ansteckung waren. Laut bisherigen Untersuchungen gibt es jedoch einige Fälle, in denen die Virusübertragung auch durch Viehtransporte entstand. Zudem fand das Virus auch einen Weg von infizierten Milchviehherden in nahegelegene Geflügelbestände und umgekehrt. Ende März hatte sich in Texas ein Mann über den Kontakt mit infizierten Rindern angesteckt; er war aber nicht schwer erkrankt.
APHIS hob hervor, dass die genomische Sequenzierung von aus Rindern isolierten Viren nicht darauf hinweist, dass es eine Veränderung gibt, die zu einer höheren Übertragbarkeit auf oder zwischen Menschen führt. Allerdings besteht bei Personen, die häufiger Kontakt mit infizierten Tieren haben, ein höheres Infektionsrisiko. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hatte kürzlich aufgrund des Nachweises von Vogelgrippeviren in der Rohmilch davor gewarnt, solche Produkte zu konsumieren. Bei pasteurisierten Milchprodukten bestünden allerdings keine Bedenken. Die US-Gesundheitsbehörden weisen ebenfalls darauf hin, dass im kommerziellen Milchkreislauf keine Gefahr für Verbraucher besteht, da in erhitzter Milch das Virus abgetötet wird.
Da sich das H5N1-Virus nachweislich auch innerhalb und zwischen Herden verbreitet hat, rät das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) dazu, Milchviehtransporte auf ein Minimum zu begrenzen. Zum jetzigen Zeitpunkt wird davon ausgegangen, dass die Minimierung der Tierbewegungen, die Durchführung guter Biosicherheitspraktiken und das Testen von Tieren vor notwendigen Verbringungen die Ausbreitung der Krankheit ausreichend begrenzen wird, um behördliche Beschränkungen oder Quarantänen zu vermeiden. Der Übertragungsweg von Kuh zu Kuh ist noch unklar. Alles was mit infizierter, nicht pasteurisierter Milch in Kontakt komme – ob Mensch, Tier oder Maschine – könne das Virus verbreiten. Bisher wurde laut APHIS keine signifikante Viruskonzentration in Atemwegsproben festgestellt, was darauf hindeutet, dass die Atemwege nicht der primäre Übertragungsweg sind.
Anders als in Geflügelbeständen, bei denen H5N1 tödlich ist, haben sich die betroffenen Milchkühe mit Symptomen in den Betrieben innerhalb von sieben bis zehn Tagen erholt und sind nicht verstorben. Betroffene Kühe werden auf den Farmen von den anderen Tieren isoliert. Das USDA geht nicht davon aus, dass eine Keulung von Tieren erforderlich sein wird. Der Terminus „hoch pathogen“ beziehe sich auf schwere Auswirkungen bei Vögeln, aber nicht unbedingt auf Menschen oder Rinder, so das Ministerium. Diesem zufolge sind derzeit auch keine negativen Auswirkungen auf die Milchversorgung oder die Verbraucherpreise bekannt. Exportsperren gibt es nicht. Fleischrinder haben sich bisher laut USDA nicht infiziert. (AgE)

Schweiz: Mehr Geld für Milchproteinausfuhr

 

 

Die Branchenorganisation Milch (BO Milch) hat Maßnahmen beschlossen, um den Schweizer Milchproteinmarkt zu stabilisieren. Ab dem 1. Mai 2024 erhalten die Exporteure von Nahrungsmitteln für das Milchprotein in Schweizer Milchgrundstoffen pro 100 Kilogramm eine um 50 sfr (51 Euro) höhere Unterstützung, sofern die Produkte gemäß der geltenden Regelung genügend verarbeitet sind. Diese Zahlung wird mindestens bis Ende dieses Jahres gewährt. Ebenfalls erhöht wird die Stützung für wenig verarbeitete Milchproteinprodukte, allerdings um einen kleineren Betrag.
Laut BO Milch haben die im vergangenen Jahr geringeren Exportmengen von Schokolade, Biskuits und anderen Produkten mit Schweizer Milchgrundstoffen dazu geführt, dass der Milchproteinmarkt aus dem Gleichgewicht geraten ist. Mit der zusätzlichen Stützung werde nun ein finanzieller Anreiz gesetzt, um wieder mehr Milchprotein zu exportieren und den Angebotsüberhang so abzubauen. Finanziert wird die höhere Stützung aus dem Fonds Rohstoffverbilligung. Getroffen wurde diese Entscheidung am 24. April von den Delegierten der Branchenorganisation.
Darüber hinaus wurde auf der Versammlung mit der Verabschiedung der „Branchenvision Schweizer Milchwirtschaft“ nach Angaben der BO Milch auch „ein Meilenstein“ gesetzt. Darin würden unter anderem die Werte der Schweizer Milchprodukte, der Umgang miteinander in der Wertschöpfungskette und ihre Rolle klar definiert, erklärte die Branchenorganisation.
Beschlossen wurde von den Delegierten zudem die Einführung eines Klimarechners. Ab Mitte 2025 steht allen Schweizer Milchviehbetrieben auf freiwilliger Basis ein Tool zur Verfügung, mit dem sie ihren Fußabdruck für Treibhausgase berechnen und einordnen können. Damit beweist die Branche der BO Milch zufolge, dass sie eine auf Fakten basierende Klimaschutzdiskussion führen will. Zugleich werde mit dem Klimarechner der Grundstein für Verbesserungen der Treibhausgasbilanz von Milch gelegt. (AgE)

Özdemir will Reduktionsziele

Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hält konkrete Reduktionsziele für Zucker, Fette und Salz für notwendig. Das bekräftigte der Grünen-Politiker anlässlich des am 25. April veröffentlichten zweiten Zwischenberichts der „Nationalen Reduktions- und Innovationsstrategie für Zucker, Fette und Salz in Fertigprodukten“ (NRI) in Berlin. Seit dem ersten Bericht im Jahr 2020 habe es zwar eine Reduktion dieser Nährstoffe in einigen Lebensmittelgruppen gegeben, aber die Gehalte seien in vielen Produkten weiterhin zu hoch. Teilweise hätten sich die Energie- oder Nährstoffgehalte sogar erhöht. Die Erkenntnisse basieren auf dem vom Max Rubner-Institut (MRI) zwischen 2016 und 2022 durchgeführten Produktmonitoring. Die Ergebnisse aus 2023 stehen laut Bericht noch aus.
Das MRI war 2023 damit beauftragt worden, wissenschaftlich unterlegte Reduktionsziele in einem breiten Stakeholder-Prozess zu entwickeln. Diese sollen nach Angaben des Berliner Agrarressorts bis Ende dieses Jahres vorliegen. Der Bericht mache deutlich, „dass die bisherigen Reformulierungen nicht ausreichen“, begründete Özdemir diesen Schritt. Ähnlich äußerte sich Parteikollegin Renate Künast. Die agrarpolitische Sprecherin der Grünen forderte die Lebensmittelwirtschaft auf, die Rezepturen weiter anzupassen.
Die Kritik kann der Lebensmittelverband Deutschland nicht nachvollziehen. „Die Branche hält sich an ihre Vereinbarungen, die im Übrigen noch bis 2025 laufen“, erklärte Hauptgeschäftsführer Christoph Minhoff. Das unterschiedliche Tempo der Änderungen sei zum Beispiel in technologischen und sensorischen Grenzen begründet. Rezepturänderungen müssten weiterhin freiwillig bleiben, fordert der Branchenverband. Für den Hauptgeschäftsführer der Wirtschaftlichen Vereinigung Zucker (WVZ), Günter Tissen, zieht der Agrarminister die falschen Schlüsse, wenn er sich mit Reduktionszielen auf einzelne Nährstoffe konzentriere. Vielmehr müsse an der Kalorienreduktion gearbeitet werden, um dem Übergewicht den Kampf anzusagen.
Die Lebensmittelwirtschaft hat sich im Rahmen der 2018 verabschiedeten NRI freiwillig dazu verpflichtet, bis 2025 den Gehalt an Zucker, Fett, Salz und Kalorien in Fertigprodukten zu reduzieren. Bisher haben elf Branchenverbände eine Selbstverpflichtung vorgelegt. Der Abschlussbericht zur NRI ist für das Jahr 2026 angekündigt. Die Reduktionsstrategie ist Teil der Ernährungsstrategie der Bundesregierung. Damit sollen eine gesunde Lebensweise gefördert und die Häufigkeit ernährungsmitbedingter Erkrankungen gesenkt werden. (AgE)

Absicherung von Milchpreis und Produktionskosten

 

 

 

 

Am 20. März, dem Vortag des Berliner Milchforums, fand im Titanic Chaussee Hotel in Berlin unter dem Titel „Perspektiven der Milchpreissicherung für die Milchlieferkette der Zukunft?“ wieder das bewährte Diskussionsforum statt, das vom ife Institut in Kiel gemeinsam mit dem Deutschen Bauernverband e.V., dem Deutschen Raiffeisenverband e.V. und dem Finanzdienstleister StoneX Group organisiert wird.
Im Rahmen verschiedener Kurzvorträge wurden aktuelle Entwicklungen und Neuerungen im Bereich börsliche/außerbörsliche Absicherung erläutert sowie Erfahrungen aus der Praxis vermittelt. Ergänzend wurden in einem Fachvortrag die Forschungsergebnisse des Thünen Instituts zum Thema Lieferbeziehungen durch Herrn Prof. Dr. Martin Banse vorgestellt. In einer anschließenden Podiumsdiskussion mit Vertretern aus Praxis, Wissenschaft und Politik wurden verschiedene Möglichkeiten der Absicherung vertieft diskutiert. Für den Deutschen Bauernverband war Vizepräsident und Vorsitzender des Fachausschusses Milch, Karsten Schmal Podiumsgast. Für die Erzeugerseite erläutere er in der Diskussion: „Fakt ist, dass wirtschaftlich getragene, kooperative Ansätze zur Milchpreisabsicherung ein wichtiger und richtiger Schritt in die Zukunft sind. Die charakteristischen Volatilitäten auf dem Milchmarkt, verstärkt durch geopolitische Krisen, welche der Weltwirtschaft insgesamt schaden, wird es auch in Zukunft geben. Ich wünsche uns, dass wir mit der nun 13. Auflage des Fortbildungsangebots des ife Instituts etwas für die Wissensvermittlung zu diesem wichtigen Thema tun können.“ Die Moderation der Veranstaltung übernahm Herr Prof. Dr. Holger Thiele, Leiter des ife Instituts, welcher die zahlreichen Gäste vor Ort in die Diskussion einband und für eine belebte Diskussion sorgte. Beim Zusammenkommen im Nachgang der Veranstaltung hatten die Beteiligten zudem die Gelegenheit zum informellen Austausch und Netzwerken.
Das Diskussionsforum stellt eine vertiefende Erweiterung zur Seminarreihe zum Thema Milchpreisabsicherung dar, welche in den Monaten März/April 2024 bereits zum 13. Mal von ife Institut und Partnern durchgeführt wird. Weitere Informationen sind auf der Homepage des ife Instituts unter https://ife-kiel.de/ife-seminare/.

 

Butter und Milchpulver sind die Renner im EU-Export

Die EU 27 hat 2023 deutlich mehr Mager- und Vollmilchpulver sowie Butter ausgeführt als im Jahr zuvor. Der Butterexport erhöhte sich um 14 %.
Die Länder der EU-27 haben im abgelaufenen Kalenderjahr überwiegend mehr Milcherzeugnisse ausgeführt als im Jahr 2022. Auffällig hohe Zuwachsraten verzeichneten dabei Mager- und Vollmilchpulver sowie die Butterexporte, wie der Verband der Milcherzeuger Bayern (VMB) laut Dow Jones News berichtet. Die Ausfuhren von Butter/-öl erhöhten sich demnach um rund 14 % auf ein Volumen von 283.740 t. Wenngleich der wichtigste Abnehmer, Großbritannien, weniger Butter und Butterschmalz nachgefragt habe, sei der Bedarf in den USA, China und Saudi-Arabien gestiegen.

Arla investiert 210 Mio. € in Mozzarella-Produktion

Die Molkereigenossenschaft Arla Foods hat in eine neue Produktionstechnologie in dem britischen Werk „Taw Valley“ in North Tawton investiert. Damit will das Unternehmen eigenen Aussagen zufolge die Kategorie Mozzarella vergrößern, die Wettbewerbsfähigkeit sichern und den Kundenanforderungen gerecht bleiben. Die Investition in Höhe von 210 Millionen € ist die bisher größte, die das Unternehmen in Großbritannien getätigt hat. „Unser Mozzarella-Geschäft hat in den vergangenen fünf Jahren ein zweistelliges Wachstum verzeichnet. Wir verfügen über starke Beziehungen zu wichtigen Großkunden, insbesondere im globalen Foodservice-Geschäft“, erklärt Peter Giørtz-Carlsen, Europa-Vorstand von Arla Foods. Die Technologie umfasst laut eigener Angaben mehrere Patente und ermöglicht es, den Reifungsprozess von 14 Tagen auf einen Tag zu verkürzen. Geplant ist, dass die Baumaßnahmen der neuen Produktionsanlagen 2026 abgeschlossen sind. Die ersten Produkte der neuen Anlagen sind für 2027 vorgesehen. Der in dem Werk hergestellte Käse, soll die aktuelle Mozarella-Produktion erweitern und vorhandene Nachfrage bedienen. Die getätigten Investitionen werden, laut Aussagen des Unternehmens, keine Auswirkungen auf die Arla-Produktionsstandorte in Dänemark haben. (Topagrar.com)

MIV lehnt staatlichen Eingriff in Vertragsbeziehungen ab

Das Bundeslandwirtschaftsministerium macht beim Vorhaben zur nationalen Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) Ernst. Ein Referentenentwurf zur Änderung der Agrarorganisationen- und Lieferketten-Verordnung befindet sich seit kurzem in der Ressortabstimmung. Geplant ist ein gesetzlich verpflichtender Milchliefervertrag zwischen Molkereien und Erzeugern über die Menge und den Preis. Am 28. März bekräftigte der Milchindustrie-Verband (MIV) seine Kritik an dem staatlichen Eingriff in die Milchlieferbeziehungen.
„Durch den Artikel 148 wird sich die Situation der Erzeuger am Milchmarkt nicht positiv und nicht nachhaltig verändern“, betonte der Verband. Es würden nur kaum zu realisierende Hoffnungen geweckt, denn der Preis entstehe unter Weltmarkteinfluss durch Angebot und Nachfrage. Vorgeschriebene Absicherungsangebote über 80% der vertraglichen Milchmenge könnten bei Nutzung von Warenterminbörsen zu einem gleichmachenden Milchpreis für alle Erzeuger führen, so der MIV. Es komme aber nicht zu einem höheren Preis, wie es die individuelle Leistung eines Molkereiunternehmens zu verhandeln vermöge.
Ein Vergleich mit dem Ausland sei ebenfalls hilfreich, betonte der MIV. Unter anderem in Frankreich sei ähnliches versucht worden, und es habe nichts gebracht. Dies belegten auch wissenschaftliche Analysen des Thünen-Instituts. In Frankreich habe es keinerlei signifikante Verbesserungen für die Milcherzeuger gegeben, gerade in der Zeit höchster Milchpreise in Deutschland. Der Verband bemängelte außerdem, dass die Regelung zu einem hohen bürokratischem Aufwand führe, obwohl seit Jahrzehnten ein Abbau seitens der Politik versprochen werde. Es müssten zahlreiche Vertragsverhandlungen geführt und dokumentiert werden. Laut MIV werden rund zwei Drittel der deutschen Milch genossenschaftlich erfasst. In den Genossenschaften hätten die Milcherzeuger als Besitzer die Vertragshoheit. Dort gehöre die Vertragsverhandlung in die Hände von Erzeugern und Verarbeitern und bedürfe keiner gesetzlichen Einmischung.
Laut MIV beinhaltet der Referentenwurf juristisch vage Formulierungen, was nach dessen Umsetzung zu vermehrten zivilrechtlichen Klagen führen kann. Zudem fehlten klare Leitlinien für die Vertragsverhandlungen zwischen den Erzeugern und den Molkereien, um die Situation in der Praxis abzubilden. Unverständlich ist für den MIV weiterhin, warum das Bundeslandwirtschaftsministerium die Anwendung von Artikel 148 vorantreibt, obwohl sich im Sommer 2023 auf der Berliner Milchkonferenz die überwiegende Mehrheit in der Arbeitsgruppe dagegen ausgesprochen hatte. Auch auf dem Berliner Milchforum im März 2024 hatten sich Erzeugervertreter, die eine deutliche Mehrheit der Milchbauern vertreten, gegen die Einführung des Artikels 148 gewandt. Bei der jüngsten Agrarministerkonferenz (AMK) der Bundesländer Ende März gab es ebenfalls keine Mehrheit für den Artikel 148. Der MIV forderte das Bundeslandwirtschaftsministerium deshalb auf, von diesem Gesetzentwurf abzusehen. (AgE)

USA: Milchkühe mit Geflügelpest infiziert

 

In den USA haben sich Milchkühe mit dem Virus der hochpathogenen Aviären Influenza (HPAI) infiziert. Wie das amerikanische Landwirtschaftsministerium (USDA) am 25. März mitteilte, wurden ältere und erkrankte Milchkühe in Texas, Kansas und New Mexico untersucht, die eine verminderte Laktation und Appetitlosigkeit aufwiesen. In nicht pasteurisierten Milchproben und Rachenabstrichen von erkrankten Tieren von jeweils zwei Farmen in Kansas und Texas wurden die hochpathogenen Vogelgrippeviren nachgewiesen. Die Milch der Tiere soll dickflüssig und verfärbt gewesen sein. Da einige betroffenen Farmen berichteten, dass auf ihren Grundstücken verendete Wildvögel gefunden wurden, gehen die US-Behörden von einer Übertragung durch Wildvögel aus. Erste Tests haben keine Veränderungen des Virus ergeben, die es leichter auf Menschen übertragbar machen würde. Das derzeitige Risiko für die Öffentlichkeit wird deshalb weiterhin als gering eingestuft.
Die Bundes- und Landesbehörden werden laut USDA rasch zusätzliche Tests auf HPAI sowie die Sequenzierung des Virusgenoms durchführen, um weitere Erkenntnisse zu gewinnen. „Zum jetzigen Zeitpunkt bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Sicherheit der kommerziellen Milchversorgung oder dass dieser Umstand ein Risiko für die Gesundheit der Verbraucher darstellt“, betont der zum Landwirtschaftsministerium gehörende Animal and Plant Health Inspection Service (APHIS). Die Molkereien seien verpflichtet, nur Milch von gesunden Tieren zur Verarbeitung für den menschlichen Verzehr zu nutzen. Die Milch erkrankter Tiere werde umgeleitet oder vernichtet und gelange nicht in die Nahrungsversorgung. Darüber hinaus habe sich durch die Pasteurisierung immer wieder gezeigt, dass diese Bakterien und Grippeviren in der Milch inaktiviert würden, beruhigte die Behörde.
Landwirte und Tierärzte wurden aufgerufen, Rinderkrankheiten schnell zu melden, damit potenzielle zusätzliche Fälle untersucht und überwacht werden können. Bisher scheint das Virus laut APHIS etwa 10 Prozent der laktierenden Milchkühe in den betroffenen Herden infiziert zu haben, wobei bei den Tieren keine damit verbundene Mortalität gemeldet wurde. Der Milchverlust durch symptomatische Rinder ist bisher zu gering, um einen größeren Einfluss auf das Angebot zu haben, und es dürfte keine Auswirkungen auf den Preis von Milch oder anderen Milchprodukten geben.
Experten zufolge können sich die Nutztiere wahrscheinlich innerhalb von sieben bis zehn Tagen von selbst erholen. Anders als bei HPAI-Ausbrüchen bei Geflügel müssten nicht ganze Herden gekeult werden. Kühe seien nicht besonders empfänglich für die Vogelgrippeviren, und auch bei anderen infizierten Säugetieren komme eine Verbreitung untereinander sehr selten oder gar nicht vor. Vor einer Woche hatten US-Veterinärbeamte das H5N1-Virus auch bei Babyziegen auf einem Bauernhof in Minnesota entdeckt, bei dem das Virus in einem Geflügelbestand im Hinterhof nachgewiesen worden war. (AgE)

BDM: Situation der Erzeuger wird schöngeredet

Der Bundesverband der Deutschen Milchviehhalter (BDM) wirft dem Milchindustrie-Verband (MIV) vor, die Lage der Milcherzeuger schönzureden und keinen Mut für notwendige milchmarktpolitische Änderungen zu haben. Der MIV-Vorsitzende Peter Stahl hatte beim Berliner Milchforum am 22. März von immer noch hohen Milcherzeugerpreisen im langfristen Vergleich gesprochen und einen Eingriff in die Milchlieferbeziehungen durch Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation der EU (GMO) strikt abgelehnt. Dafür gebe es auch auf Erzeugerseite keine Mehrheit, merkte Stahl an. Dem entgegnete am 25. März der BDM-Vorsitzende Karsten Hansen, so rosig wie dargestellt sei die Situation der Erzeuger nicht. Die historisch hohen Milcherzeugerpreise von 60 Cent/kg seien über ein Jahr her. Die aktuell gezahlten Milchgelder je Kilogramm lägen zehn bis 15 Cent niedriger und reichten für eine Kostendeckung nicht aus, machte Hansen deutlich.
„Nicht nachvollziehen können wir auch, worauf sich die Behauptung des MIV stützt, dass die Umsetzung von Artikel 148 GMO von einer großen Mehrheit der Milcherzeuger nicht mitgetragen wird“, erklärte Hansen. Eine aktuelle, nicht repräsentative Umfrage von „top agrar“ zum Thema sowie die Tatsache, dass sich Mitglieder verschiedener landwirtschaftlicher Verbände seit über 20 Jahren leidenschaftlich für die Umsetzung der Vertragspflicht einsetzen, sprächen eine andere Sprache. Der BDM hält die Umsetzung des Artikels 148 in nationales Recht mit obligatorischen Lieferverträgen für 100 Prozent der Rohmilchmenge für längst überfällig. Eine Branche, die sich durch das Mantra „Weiter so wie bisher“ auszeichne, habe sich eigentlich schon selbst abgeschrieben. „Wir verstehen unsere Forderung nach verhandelbaren Verträgen in der Landwirtschaft als Unternehmergeist, der Einzug halten muss, wenn die Milchviehhaltung eine Perspektive und Zukunft haben will“, verdeutlichte Hansen. (AgE)

Österreichisch: Kleinerer Außenhandelssaldo

Die österreichische Milchwirtschaft hat auch im Jahr 2023 wieder einen positiven Außenhandelssaldo erzielt, musste aber im Vergleich zu 2022 Abstriche hinnehmen. Die Branche erzielte einen Außenhandelsüberschuss von 601,6 Mio. €; gegenüber dem Vorjahr ist das ein Minus von 38,8 Mio. € oder 6,1 Prozent. Darauf hat die Vereinigung österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) unter Berufung auf aktuelle Zahlen der Statistik Austria hingewiesen. Laut VÖM hat die Milchbranche 2022 Waren im Gesamtwert von 1,729 Mrd. € exportiert; das waren 0,9 Prozent mehr als 2022. Die Importe beliefen sich auf 1,128 Mrd. €; das war ein Plus um 5,1 Prozent. Laut VÖM-Präsident Helmut Petschar sind die Entwicklungen zum größten Teil durch die Preisentwicklungen bei den einzelnen Produkten zu erklären. Ausgewirkt hätten sich außerdem die erhöhte Preissensibilität der Konsumenten und die Strategie des Handels, der auf der Suche nach billigeren Produkten oft zu Importware aus Ländern mit geringeren Qualitätsstandards als in Österreich greife. Petschar forderte mehr Fairness und die Einführung einer verpflichtenden Herkunftskennzeichnung. Es könne nicht sein, dass ständig höhere Standards von Gesellschaft und Handel verlangt, aber dann Produkte mit geringeren Standards in die Einkaufskörbe der Konsumenten gemogelt würden, wenn diese als austauschbare Handelsmarke etwas billiger positioniert werden, so der Verbandspräsident.
Nach VÖM-Angaben ging 2022 knapp die Hälfte der Exporte nach Deutschland, gefolgt von Italien und den Niederlanden; ähnlich verteilt liegen die Importe. Wichtigstes Exportprodukt war einmal mehr Käse. Davon wurden insgesamt 171.000 t ausgeführt; das waren 5,3 Prozent weniger als 2022. Eingenommen wurden dabei 920 Mio. €, was gegenüber dem Vorjahr ein Plus von 2,1 Prozent bedeutet. Somit konnte die niedrigere Absatzmenge durch höhere Preise mehr als kompensiert werden; erzielt wurde ein Durchschnittspreis von 5,36 €/kg. Im Gegenzug wurden 135.000 t Käse nach Österreich eingeführt und damit 1,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Der dafür gezahlte Betrag stieg um 9,8 Prozent auf 696 Mio. €. Das ergibt einen Durchschnittspreis von 5,17 € je Kilogramm importierten Käse.
Das zweitwichtigste Segment im Export 2022 waren flüssige Milchprodukte mit einem Wert von 384 Mio. €; der Importwert lag bei 102 Mio. €. Der mit dem Export von fermentierten Produkten erzielte Gesamterlös summierte sich auf 233 Mio. €; für die Importe mussten 67 Mio. € aufgewendet werden. Bei Butter stehen Exporte von 28 Mio. € Importen von 120 Mio. € gegenüber. Molkeprodukte brachten den Exporteuren 98 Mio. € in die Kassen; für die Importe wurden 45 Mio. € aufgewendet. Milchpulver wurde im Wert von um 67 Mio. € ausgeführt; die Importe beliefen sich auf 99 Mio. €. (AgE)

Österreich: Gmundner Molkerei tritt aus Verband der Milchwirtschaft aus

Die Gmundner Molkerei wird rund 10 Mio. € in den Standort Gmunden investieren. Doch es gibt auch noch andere weitreichende Pläne: das oberösterreichische Traditionsunternehmen will aus der Vereinigung Österreichischer Milchverarbeiter (VÖM) austreten und in Bezug auf das österreichische Gütesiegelprogramm der AMA einen eigenen Weg gehen. Während der Großteil der Gmundner-Milchlieferanten weiterhin nach dem Standard AMA-Gütesiegel zertifiziert bleiben, soll nur ein gewisser Anteil am Modul „Tierhaltung Plus“ teilnehmen, so der Plan.
Die OÖ Nachrichten haben berichtet, dass sich das Unternehmen jedoch über den österreichischen Milchindustrieverband nicht mehr ausreichend repräsentiert fühle. Von Seiten des VÖM-Präsidenten Helmut Petschar werde noch das Gespräch mit dem Eigentümer Jäger gesucht. Im Falle des Gmundner Exits werde die VÖM auch nach dem Austritt 80 bis 90 Prozent der österreichischen Milch vertreten, so der Präsident. VÖM-Geschäftsführer Johann Költringer betonte, dass seine Vereinigung ein freiwilliger Interessenverband sei und den Schritt bedauere. Die VÖM habe Gespräche angeboten und er hoffe, dass es eine Einigung geben werde, so der Geschäftsführer, aber jeder müsse selber wissen, was er geschäftspolitisch mache, das sei auch nicht die Aufgabe eines freiwilligen Interessenverbands. Den Austrittswunsch hat die VÖM in schriftlicher Form erhalten. Ein Verlassen des Verbands ist laut Statut mit einer zweimonatigen Frist in jedem Quartal möglich. Beim Thema Tierwohl sei man noch bei der Ausrollung der Programme. Einige Punkte, wie das Antibiotika-Monitoring, stehen dabei in der Kritik. Johann Költringer erklärte, dass darüber hinaus nicht die sogenannte Stufe drei das große Thema sei. Ziel der VÖM sei, dass die Kombihaltung in Stufe zwei erhalten bleibe, also im Modul Tierhaltung plus. Abschließend stellte sich beim Gmundner Sonderweg für Költringer die zentrale Frage, ob man sich als Teil einer österreichischen Milchwirtschaft sehe oder nicht.
Die Gmundner Molkerei Genossenschaft, der knapp 1800 Mitglieder angehören, steht seit Ende 2022 im Konzernverbund mit dem bayerischen Milchwerk Jäger GmbH. Das gemeinsam erwirtschaftete Ergebnis wurde in der Generalversammlung im Vorjahr zum ersten Mal präsentiert. Gemeinsam wurden 861 Mio. kg Milch von insgesamt 750 Mitarbeitern verarbeitet. Daraus wurde ein Gesamtumsatz von 644 Mio. € erwirtschaftet. Damit hebt sich die erste gemeinsame Bilanz deutlich von den zuvor in Eigenregie erwirtschafteten Unternehmenskennzahlen ab. (wochenblattdlv.de)

Verbände fordern den 148er

Fünf landwirtschaftliche Verbände bekräftigen ihre Forderung an die Bundesregierung, in Deutschland verbindliche Vorgaben für Milchlieferverträge zu machen. In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sich die Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL), der Bund Deutscher Milchviehhalter (BDM), Land-schafft-Verbindung (LsV) Deutschland, die Milcherzeugergemeinschaft (MEG) Milchboard sowie die Freien Bauern für eine nationale Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation der EU (GMO) aus. Die Verbände begrüßen die Ankündigung des Bundeslandwirtschaftsministeriums (BMEL), Artikel 148 GMO anzuwenden und damit eine Vertragspflicht mit Preis-Mengen-Bezug vor Lieferung einzuführen. „Vollumfänglich und wirksam ausgestaltet ist das ein erster Schritt für eine stärkere Marktstellung für Milcherzeuger und Erzeuger“, so die Verbände. Es sei dringend notwendig, dass die Erzeuger aus ihrer „defensiven Marktposition der Restgeldempfänger“ rauskommen. Es könne nicht sein, „dass sie ihre Milch liefern und erst im Nachhinein erfahren, wieviel sie für ihre Produkte erhalten.“
Nach Auffassung der Verbände muss die Umsetzungsverordnung zu Artikel 148 GMO eine unumgängliche Vertragspflicht beinhalten, nicht nur eine Angebotspflicht. Die Regelungen müssten für die gesamte Milchmenge gelten, die zwischen den Vertragspartnern verhandelt werde. Ein im Vertrag nur teilweise vereinbarter Preis-Mengen-Bezug wird abgelehnt, weil dieser dem Ziel widerspreche, die Bauern in der Wertschöpfungskette zu stärken. Die Evaluierung müsse bereits zügig innerhalb der ersten ein bis zwei Jahre durchgeführt werde. Es sei sofort feststellbar, ob es eine Preiswirkung gebe. Aus Sicht der Verbände wäre eine wirksame Anwendung des Artikel 148 GMO für die gesamte Milchmenge „der Einstieg in eine für alle anderen Branchen vollständig normale Marktpolitik“. Die Verbände sind sich eigenen Angaben zufolge ferner einig, „dass es für die weitere Entwicklung der Landwirtschaft deutlich mehr marktpolitische Instrumente geben muss, die es möglich machen, den Milchmarkt im Gleichgewicht zu halten.“ (AgE)

Berliner Milchforum: Branchenlösungen statt Regulierung

In großen Teilen der Milchwirtschaft ist deutlicher Unmut über die Ampelregierung zu spüren. In der Kritik stand beim 14. Berliner Milchforum unter anderem der vom Bundeslandwirtschaftsministerium geplante Eingriff in die Milchlieferbeziehungen durch Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation der EU (GMO). Aber auch mögliche gesetzliche Verschärfungen für die Weidemilcherzeugung oder die Bürokratiefolgen der europäischen Verordnung zu entwaldungsfreien Lieferketten (EUDR) lösten Sorgen und Missmut aus. „Wir wünschen uns, dass die Politik einfach Regelungen findet, die die Unternehmen nicht überfordern“, betonte der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Peter Stahl, am 22. MÄrz gegenüber der Presse in Berlin. Vor Gesetzen müsse es eine Folgeabschätzung geben, um mögliche Verwerfungen und hohe Kosten nach deren Einführung zu vermeiden. Der Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal, mahnte einmal mehr Planungssicherheit für die Erzeuger an. „Ich mache mir Sorgen um die Tierhaltung in Deutschland“, äußerte er mit Blick auf die wachsenden Auflagen, Betriebsaufgaben sowie die fehlenden Hofnachfolger.
Stahl und Schmal waren sich einig, dass die Anwendung von Artikel 148 bei den Milchlieferverträgen nicht förderlich und nötig ist. „Das brauchen wir mit Sicherheit nicht; da kann die Branche selbst viel mehr“, erklärte der DBV-Vizepräsident. Er verwies darauf, dass bereits Lieferbeziehungen verändert, Kündigungsfristen verkürzt sowie Festpreismodelle eingeführt worden seien. „Immer wenn die Politik in den Milchmarkt eingegriffen hat, ist es in die Hose gegangen“, so Schmal. Er erwarte vielmehr, dass sich die Politik zur Landwirtschaft und Tierhaltung bekenne und Unsicherheiten beseitige. Notwendig dafür sei eine langfristige Perspektive für den Umbau der Nutztierhaltung und ein Finanzierungskonzept, das immer noch fehle. Eine Folge davon sei, dass es 2024 erstmals weniger als 50.000 Milchviehhalter geben werde. Beim Tierwohl und Klimaschutz hat sich laut Schmal die Milchbranche längst selbst auf den Weg gemacht, beispielsweise mit der Sektorstrategie 2023 oder dem QM-Nachhaltigkeitsmodul.
Deutliche Kritik übte Stahl an den Plänen des Berliner Agrarressorts, das Thema Weidemilch gesetzlich zu regeln und nicht auf die praxisbewährte Branchenlösung zu setzen. Diese sieht vor, dass Rinder an wenigstens 120 Tagen für mindestens sechs Stunden auf der Weide sind. Das Ministerium wolle nun unter anderem Mindestfutterflächen und vermehrte Kontrollen. „Das ist unnötiger bürokratischer Aufwand und geht an der Realität vorbei“, monierte Stahl. Verschärfte Regeln könnten dazu führen, dass Milchbauern aus der Weidehaltung ausstiegen und das Gegenteil der gewünschten Entwicklung bewirkt werde. Nicht einverstanden zeigte sich Stahl zudem mit den jüngsten Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE), die einen verringerten Verzehr von Milchprodukten beinhalten. Er verwies auf die vielen kritischen Stellungnahmen, die inzwischen erfolgt seien. „Solch pauschale Empfehlungen machen keinen Sinn“, kritisierte der MIV-Vorsitzende. Die Nährstoffbedürfnisse der verschiedenen Bevölkerungsgruppen seien unterschiedlich, weshalb Präventionsmediziner sogar vor einer Mangelernährung bei bestimmten Personenkreisen gewarnt hätten. (AgE)

Milchbranche will Zukunft selbst gestalten

Knapp 30 Molkereien arbeiten derzeit zusammen mit dem Thünen-Institut für Betriebswirtschaft daran, die deutsche Milchwirtschaft noch nachhaltiger zu machen. Der Schlüssel dafür soll das Nachhaltigkeitsmodul im Qualitätssicherungssystem für die Milcherzeugung (QM-Milch) sein. Wie QM am 20. März mitteilte, haben die Molkereien bereits im Herbst 2023 einen Innovationsprozess gestartet, um das Modul den Bedürfnissen der Branche anzupassen, beispielsweise in puncto Berichtspflichten zur Nachhaltigkeit. „Die Nachhaltigkeitswelt hat sich rasant weiterentwickelt. Da sind Anpassungen zügig notwendig, damit wir das QM-Nachhaltigkeitsmodul auch künftig weiterhin zielführend einsetzen können“, erläuterte der Geschäftsführer des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Dr. Björn Börgermann. Auch andere Molkereien und ihre Milchviehbetriebe sollen von diesen Entwicklungen profitieren. „Wenn jede Molkerei eine eigene Infrastruktur aufbaut, werden die ohnehin knappen Ressourcen in der Milchbranche nicht sinnvoll investiert“, erklärte Börgermann.
Um die zukünftigen Anforderungen zielführend im Modul zu berücksichtigen, hat das Innovationsteam der Projektpartner bereits eine umfangreiche Befragung von Stakeholdern durchgeführt. QM-Geschäftsführer Ludwig Börger lobte das hohe Engagement der Molkereien im Innovationsprozess, um das QM-Nachhaltigkeitsmodul konzeptionell und inhaltlich für die Zukunft bedarfsgerecht aufzustellen. Dies Zusammenarbeit mit dem Thünen-Institut stellt dabei sicher, dass die Entwicklungen auf fundierten wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Der Innovationsprozess soll im Juni 2024 abgeschlossen sein.
Der aktuelle Stand zeigt QM zufolge, dass die Praktikabilität des Tools für die Molkereien und Landwirte eine große Rolle spielt, die Klimaeffizienz der Milchproduktion einen größeren Schwerpunkt bilden wird und die Zusammenarbeit mit nationalen wie internationalen Stakeholdern und Standardgebern verstetigt beziehungsweise ausgebaut werden soll. Bisher noch nicht beteiligte Molkereien können sich gerne in den Innovationsprozess einbringen. Seit 2017 haben hierzulande bereits mehr als 14.000 Milchviehbetriebe am Modul teilgenommen; das entspricht Daten von jedem viertem Milchviehbetrieb beziehungsweise jeder dritten Milchkuh in Deutschland. Damit geht laut QM die Milchbranche beispiellos voran und gestaltet ihre eigene Zukunft. (AgE)

Fonterra mit kräftigem Gewinnanstieg

Der neuseeländische Molkereikonzern Fonterra hat in der ersten Hälfte des bis zum 31. Juli laufenden Geschäftsjahres 2023/24 ein gutes Ergebnis erzielt. Wie die Genossenschaft am 21. MÄrz mitteilte, stieg der Gewinn nach Steuern gegenüber der Vorjahresperiode um 23 Prozent auf 674 Mio. NZ$ oder 375 Mio. €. Laut Fonterra-Geschäftsführer Miles Hurrell führten höhere Margen und Verkaufsmengen in den Vertriebskanälen Foodservice und Verbraucher zu diesem Ergebnis. Die Rückgänge im Bereich der Ingredienzien und Zutaten wurden dadurch mehr als ausglichen. Der Absatz von Milcherzeugnissen legte gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 1,3 Prozent auf 1,72 Mio. t zu; der Umsatz war preisbedingt allerdings um zehn Prozent auf 6,17 Mrd. € rückläufig. Hurrell hob besonders hervor, dass die Bruttomarge von 16,6 Prozent auf 18,4 Prozent zugelegt habe und die Kapitalrendite von 8,6 Prozent auf 13,4 Prozent gestiegen sei. Kostensenkend wirkten sich geringere Ausgaben für den Milcheinkauf sowie für Kreditzinsen aus; der Nettoschuldenstand sank um 27 Prozent auf 2,35 Mrd. €.
„Wir sind mit unserer Leistung im ersten Halbjahr des Geschäftsjahres 2023/24 zufrieden und blicken trotz globaler Unsicherheiten optimistisch in die zweite Hälfte“, erklärte Hurrell. Die Prognose für den voraussichtlichen Milchpreis in der Saison beließ das Unternehmen bei 7,80 NZ$ (4,34 €) je kg Milchfeststoff. Es engte dabei die Spanne auf 7,50 NZ$ (4,17 €) bis 8,10 NZ$ (4,50 €) ein. In der Vorsaison wurden noch 8,22 NZ$ (4,57 €) gezahlt. Zusätzlich soll den Genossenschaftsmitgliedern laut Prognose noch eine Dividende zwischen 0,50 NZ$ (0,28 €) und 0,65 NZ$ (0,36 €) je Anteilsschein für das kg Milchfeststoff gezahlt werden. Für die laufende Saison wird bei Fonterra aktuell ein Rückgang der Verarbeitung von Milchfett und -eiweiß gegenüber 2022/23 um ein Prozent auf knapp 1,47 Mio. kg Milchfeststoff erwartet. Weiter vorangetrieben werden sollen die Dekarbonisierung der Produktionsstätten sowie die Emissionsminderung auf den Milchfarmen, um bei den Kunden mit mehr Nachhaltigkeit punkten zu können. (AgE)

Grasfütterung für Kühe nachhaltiger

Kühe auf der Weide wirken sich positiv auf den Flächenverbrauch, das Klima und das Tierwohl aus. Ohne den Einsatz von Maissilage und Kraftfutter würde die Milchmenge je nach Szenario um bis zu 50 Prozent sinken. Auch die Fleischproduktion würde deutlich zurückgehen. Gleichzeitig würden aber 2,4 Mio. Hektar Ackerflächen frei, auf denen bisher Mais und anderes Ackerfutter für Kühe und Mastrinder angebaut werden. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) Schweiz, die im Auftrag von Greenpeace erstellt wurde. Das FiBL berechnete in drei Szenarien, wie sich die Zahl der Rinder, die Menge an Milch und Rindfleisch gegenüber heute verändert, wenn der Anteil an Gras im Futter zwischen 85 % und 100 % liegt. Auf den freiwerdenden Flächen könnten Nahrungsmittel für den Menschen angebaut werden. So ließe sich zweieinhalb bis dreieinhalb Mal mehr pflanzliches Protein erzeugen, als an tierischem Protein durch die Abnahme der Milch- und Fleischproduktion wegfiele.
„Die Milchindustrie gaukelt Verbrauchern vor, dass Kühe vor allem Gras und Heu fressen“, monierte Greenpeace-Agrarreferent Martin Hofstetter am 18. MÄrz in Hamburg. Doch die heutigen Milchmengen seien nur möglich, wenn die Tiere viel Silomais und Kraftfutter bekämen. „Wir müssen die Kuh wieder zu dem machen, was sie ursprünglich war: ein exzellenter Verwerter von Grünland, das der Mensch ansonsten nicht bewirtschaften kann“, so Hofstetter. Er appellierte an die Politik, die Bewirtschaftung von Grünland beispielsweise durch eine Weideprämie zu fördern. Durch höhere Tierschutzstandards und Regeln zur Kennzeichnung von Weidemilch könne die Politik helfen, dass Rinder wieder vermehrt Gras erhielten. Das fördere die Gesundheit der Tiere und schütze das Klima und die Artenvielfalt.
Wie das FiBL zur Studie erläutert, wird im ersten Szenario GM das gesamte Grünland in Deutschland für die Milchproduktion genutzt. Im zweiten Szenario GM+N werden 90 % des Energiebedarfs von Grünlandflächen gedeckt, während 10 % aus Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung – zum Beispiel Kleie, Biertreber, Melasse – stammen. Dieser Ansatz optimiere die Futtermischung und erhöhe die Milchleistung pro Kuh. Im dritten Szenario GMF CH folgt die Milchproduktion laut FiBL dem bereits in der Schweiz umgesetzten System der „Graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion GMF“. Die Futterration besteht dann aus 85 % grünlandbasiertem Futter, 10 % Kraftfutter und 5 % Silomais. Neben der Milch produzierten diese Systeme auch immer Rind- und Kalbfleisch als Koppelprodukt, aber der Fokus der Szenarien liege vornehmlich auf einer hohen Milchproduktion, stellt das FiBL fest. Im GMF-Szenario würden zusätzlich zehn Prozent der Kühe als Mutterkühe gehalten, die ihre Kälber aufzögen und nicht zur Milchproduktion einsetzten. In der Schweiz und in Deutschland seien es derzeit 15 Prozent.
Im rein grünlandbasierten Szenario sinkt die Zahl der Milchkühe im Vergleich zu heute der Studie zufolge nur um gut 5%. Durch die längere Lebensdauer der Kühe und eine frühzeitige Schlachtung der Mastkälber sinkt die Gesamtzahl der Rinder aber um 25 Prozent. Die mittlere Milchleistung je Kuh und Jahr ist dabei mit 5.000 kg viel niedriger als im Vergleichssystem heute mit 8.400 kg. Dadurch sinkt die Milcherzeugung für den Menschen auf knapp die Hälfte. Auch die Gesamtproduktion an Fleisch geht um etwa die Hälfte zurück. Dieselben Muster lassen sich laut FiBL in den anderen Szenarien in abgeschwächter Form beobachten. Im GMF-Szenario verschiebt sich die Produktion wegen der Mutterkuhhaltung jedoch noch stärker zum Fleisch: Bei 40 Prozent weniger Milch nimmt hier die Fleischmenge um 25 Prozent ab.
Alle drei Szenarien führen nach Angaben des FiBL zu niedrigeren Treibhausgas-(THG)-Emissionen. Im Szenario GM sinken diese um 12 Megatonnen CO2-Äquivalente oder ein Drittel, wobei der Großteil dadurch eingespart wird, dass weniger Ackerflächen für die Futterproduktion benötigt werden. Geschätzt sind dies 2,3 Mio. Hektar Ackerland, auf denen dem FiBL zufolge 2,4- bis 3,2-mal mehr pflanzliches Protein produziert werden könnte als die Menge an tierischem Protein, die aufgrund der Abnahme der Milch- und Fleischproduktion weniger erzeugt würde.
Das Forschungsinstitut räumt indes ein, dass die Emissionen im GM-Szenario um 9 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Protein oder etwa ein Drittel steigen. Beziehe man die Emissionen aber auf die Gesamtproduktion an tierischen und pflanzlichen Proteinen, also inklusive der zusätzlichen Produktion auf den freiwerdenden Futterflächen, dann würden die Emissionen um 16 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Protein oder mehr als 50 % sinken. Diese Berechnungen sind dem FiBL zufolge jedoch alle nur als grobe Richtwerte zu verstehen, da viele Annahmen mit teils großen Unsicherheiten einhergehen. Ein zentraler Parameter sei die Annahme zur Grünlandqualität und der Verdaulichkeit des dort wachsenden Futters. (AgE)

BLE: 2023 elf Beschwerden wegen Unlauterer Handelspraktiken

Insgesamt elf Beschwerden wegen unlauteren Handelspraktiken (UTP) sind im vorigen Jahr von Lieferanten und Organisationen der Agrar- und Ernährungsbranche bei der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) eingereicht worden. Das geht aus dem jetzt veröffentlichten Jahresbericht 2023 hervor. Von den elf eingegangenen Beschwerden wurden zwei von Verbänden im Auftrag betroffener Mitgliedsunternehmen eingereicht. Die relativ niedrig erscheinende Zahl von elf Beschwerden ist laut der BLE vor dem Hintergrund zu bewerten, dass die Beschwerdemöglichkeit für viele Betroffene die „ultima ratio“ ist. Sie machten nur dann davon Gebrauch, wenn andere Möglichkeiten ausgeschöpft seien oder sie eine Fortsetzung der Geschäftsbeziehung als wenig wahrscheinlich einschätzten, gab die BLE am 18. MÄrz in Bonn zu bedenken. Auch habe sich bestätigt, dass Betroffene, die von den UTP-Verboten und ihrem Beschwerderecht wüssten, sich mitunter vor dem Hintergrund möglicher negativer Folgen auf ihre Lieferbeziehungen bewusst dagegen entschieden.
Die BLE hat dem Bericht zufolge 2023 fünf Verfahren wegen verbotener Handelspraktiken eingeleitet, zwei davon aufgrund von Beschwerden, drei von Amts wegen. Damit führte sie insgesamt sieben Verfahren nach dem Agrarorganisationen-und-Lieferketten-Gesetz (AgrarOLkG) durch. Drei Verfahren dauerten noch an, so die BLE. Vier Fälle konnte sie 2023 abschließen, wobei bei keinem ein Verstoß gegen UTP-Verbote festgestellt wurde. Allerdings erreichte die Behörde in zwei Verfahren, dass die Anliegen der Lieferanten von ihren Abnehmern aufgenommen wurden und die bemängelte Vorgehensweise behoben wurde. Damit konnte auf die Abstellung der bemängelten Praxis hingewirkt werden, ohne dass es zu einem Gerichtsverfahren kam. In den beiden Verfahren ging es laut BLE-Angaben um Preisveränderungen einer Erzeugerorganisation und um Retouren des Lebensmitteleinzelhandels von nicht verkauftem Obst und Gemüse mit einhergehenden Rechnungskürzungen.
Laut Jahresbericht hat die BLE in rund 40 Fällen Unternehmen bei der Einhaltung von UTP-Verboten unterstützt. Wie schon 2022 ergaben die Rückmeldungen aus der Branche der Bundesanstalt zufolge ein gemischtes Bild: Einerseits erklärten die Lieferanten, dass die UTP-Verbote und die BLE-Arbeit konkrete Verbesserungen in ihren Lieferbeziehungen gebracht hätten. Andererseits berichteten Unternehmen von Schwierigkeiten bei der Anwendung des Gesetzes, beispielsweise hinsichtlich der Umsatzschwellen, sowie von einem nicht vorhandenen Schutz des AgrarOLkG gegen einige Praktiken ihrer Abnehmer. Besonders häufig seien dabei kurzfristige Bestellungen und übermäßig hohe Vertragsstrafen genannt worden. BLE-Präsidentin Dr. Margareta Büning-Fesel stellte indes fest, dass die Mehrheit der Marktteilnehmer die Arbeit der BLE als UTP-Durchsetzungsbehörde positiv wahrnehme. (AgE)

GAP-Änderungen: Agrarpolitiker für schnelle Annahme

 

Die Änderungsvorschläge der EU-Kommission zur Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) stoßen bei der Mehrheit der Mitglieder des Landwirtschaftsausschusses im Europaparlament auf ein positives Echo. Bei der Anhörung von EU-Agrarkommissar Janusz Wojciechowski am 19. MÄrz zeichnete sich eine große Mehrheit für eine schnelle Annahme ab. Zuvor hatte der Brüsseler Agrarchef unterstrichen, dass eine rasche Zustimmung zu den Anpassungen noch vor den EU-Wahlen wichtig sei. Dann könnten zumindest wesentliche Teile der Pläne noch in diesem Jahr in Kraft treten. Sollte es noch Änderungsbedarf und demzufolge einen Trilog mit dem Rat und der Kommission geben, könnten die vereinfachten Regeln wohl erst ab 2025 angewendet werden.
Gefolgschaft bei den GAP-Erleichterungen haben dem Agrarkommissar überwiegend Vertreter der Fraktionen der Europäischen Volkspartei (EVP) und der liberalen Fraktion Renew Europe (RE) zugesichert. Trotz einzelner Abweichler stand unter den Agrarpolitikern mehrheitlich auch die zweitgrößte Fraktion im Parlament, die Progressive Allianz der Sozialdemokraten (S&D), hinter den Plänen. Die Europäischen Konservativen und Reformer (EKR) sowie die rechtspopulistische Identität und Demokratie (ID) unterstützen die Pläne ebenfalls, fordern aber teilweise noch weitere Schritte. Deutlichen Gegenwind erhält Wojciechowski lediglich von Seiten der Grünen/EFA sowie der Vereinten Europäischen Linken/Nordischen Grünen Linken (GUE/NGL).
Wojciechowski bestätigte im Großen und Ganzen die Pläne seiner Behörde, den GLÖZ-Standard 8 zur Stilllegung für Ackerflächen komplett zu streichen. Zudem soll es deutlich abgeschwächte Regeln beim Schutz vor Erosion (GLÖZ 5), bei der Mindestbodenbedeckung (GLÖZ 6) und bei der Fruchtfolge (GÖZ 7) geben. Der Agrarkommissar unterstrich zudem, dass Anpassungen vor allem dann möglich seien, wenn die Anforderungen der Konditionalität ihren Zielen zuwiderlaufen würden. Auch bei Unwettern werden den Vorschlägen zufolge Härtefallregeln leichter greifen können. Bei GLÖZ 9 zu umweltsensiblem Dauergrünland soll laut dem Agrarkommissar das bestehende Umbruchverbot im gewissen Rahmen gelockert werden können.
Zum Non-Paper der Kommission gegen unlautere Handelspraktiken stellte der PiS-Politiker fest, dass seine Behörde vor allem die Förderung genossenschaftlicher Zusammenschlüsse fördern wolle. Auch mehr freiwillige „Fair-Trade-Programme“ seien ein möglicher Ansatz. Verbesserungsbedarf werde es zudem bei der Verpflichtung geben, schriftliche Handelsverträge abzuschließen.
Klar hinter die Kommissionspläne stellte sich der agrarpolitische Sprecher der EVP, Herbert Dorfmann. Der Südtiroler bezeichnete die Vorschläge als „Schritt in die richtige Richtung“. Man müsse einsehen, dass man im Hinblick auf die Beschlüsse zur GAP im Jahr 2021 nun im Sinne der Landwirte vor allem bei der Konditionalität einen Schritt zurückgehen müsse. Die S&D-Agrarsprecherin Clara Aguilera betonte, dass eine schnelle Verabschiedung der GAP-Änderungen oberste Priorität habe. Im Hinblick auf die Nachbesserungen bei der Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken drängt die Spanierin auf eine deutliche Verschärfung der Richtlinie gegen unlautere Handelspraktiken (UTP). Um die Regeln einheitlicher anzuwenden, forderte sie zudem eine Umwandlung des Gesetzes in eine Verordnung.
Der stellvertretende agrarpolitische Sprecher der RE, Martin Hlaváček, drängte ebenfalls auf eine schnelle Zustimmung zu den GAP-Änderungsvorschlägen. Die Ideen der Kommission zur Verbesserung der Stellung des Landwirts in der Wertschöpfungskette bezeichnete der Tscheche allerdings als unzureichend. Vor allem im Hinblick auf die Einfuhren aus der Ukraine forderte der EU-Abgeordnete strengere Restriktionen. Äußerst scharfe Kritik brachte Martin Häusling, Agrarkoordinator der Grünen/EFA, vor. Nach seiner Auffassung betreibt die Kommission aus wahltaktischen Gründen eine Befreiung der GAP von jeglichen Umweltzielen. Unter den Landwirten belohnt würden die Krawallmacher, die etwa in Brüssel gewütet hätten. Die UTP-Vorschläge bezeichnete der grüne Agrarpolitiker dagegen als „Kleinkram“, der nicht wirklich helfen werde.
Der Agrarsprecher der ID, Ivan David, sprach dagegen von einem wichtigen „kleinen Schritt“ in die richtige Richtung. Der Sprecher der GUE/NGL, Luke Ming Flanagan, warf der Kommission vor die Interessen der Kleinlandwirte zu ignorieren. Dass diese von Sanktionen ausgenommen würden, sei beinahe wirkungslos. Wichtiger wäre eine hinreichende Umverteilung der Basisprämien. Die S&D-Abgeordnete und SPD-Agrarsprecherin Maria Noichl warf dem Agrarkommissar Führungsschwäche vor. Zudem beklagte sie, dass es keine Folgenabschätzung über die umwelt- und klimapolitischen Auswirkungen der GAP-Änderungsvorschläge gebe. (AgE)