Die Milchanlieferung in Deutschland ist inzwischen saisonal leicht rückläufig. Laut Schnellberichterstattung der ZMB war die Milchanlieferung in der 21. Woche um 0,2 % niedriger als in der Vorwoche. Damit nahmen die Molkereien 1,9 % mehr Milch auf als in der Vorjahreswoche. In Frankreich ging die Milchanlieferung gleichzeitig gegenüber der Vorwoche um 1,1 % zurück und bewegte sich um 3,1 % unter der Vorjahreslinie.
An den Märkten für flüssigen Rohstoff haben die Preise in der vergangenen Woche im Vergleich zu den jüngsten Höchstständen etwas nachgegeben. Industrierahm und Magermilchkonzentrat wurden wieder etwas niedriger gehandelt. In der laufenden Woche ist das Geschäft zunächst ruhig angelaufen. Für Rohmilch wird aber über aktuell steigende Preise berichtet.
Der Markt für Magermilchpulver ist nach belebteren Vorwochen wieder ruhiger geworden, was möglicherweise auch mit dem Beginn der Urlaubszeit zusammenhängt. Für kurzfristige Termine sind die Abnehmer überwiegend ausreichend versorgt. Die Abrufe der bestehenden Kontrakte werden teilweise als normal, teilweise aber auch als etwas zögerlich beurteilt. Aktuell ist die Verfügbarkeit ausreichend, wobei die Lage je nach Herkunft uneinheitlich ist. Bei der derzeit sehr guten Käsenachfrage und saisonal rückläufigen Milchanlieferungen ist mit einem sinkenden Angebot für die kommenden Monate zu rechnen. Verhandlungen werden nun vor allem für das zweite Halbjahr geführt. Die Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern gehen nach wie vor auseinander. Es werden von Käuferseite oft nur sehr geringe Aufschläge für spätere Lieferungen geboten, was die Verkaufsbereitschaft der Hersteller dämpft. Mit der Marktberuhigung ist der Preisanstieg der vergangenen Wochen zum Stillstand gekommen. Die Preise für Lebensmittelware bewegen sich seitwärts in einer vergleichsweise weiten Spanne. Der Markt für Futtermittelware ist sehr ruhig bei knapp behaupteten Preisen.
Ruhig stellt sich derzeit auch der Markt für Vollmilchpulver dar. Es gehen wenig neue Anfragen ein und kommen auch wenig neue Abschlüsse zu Stande. Die Preise bewegen sich weiter auf dem bisherigen Niveau.
Unverändert ruhig ist der Markt für Molkenpulver. Insbesondere für Futtermittelware besteht wenig Kaufinteresse, während ein umfangreiches Angebot zur Verfügung steht. Die Preise sind weitgehend unverändert. Teils wird auch von etwas günstigeren Offerten berichtet. Die Nachfrage nach Lebensmittelware bewegt sich in einem normalen Rahmen, ohne dass zusätzliche Impulse festzustellen wären. Die Preise sind nach wie vor uneinheitlich in einer großen Bandbreite. Die Verfügbarkeit von Molkenkonzentrat ist weiterhin reichlich. (Süddeutsche Butter- und Käse-Börse e.V. Kempten (Allgäu)/proplatna)
Kategorie: Kurz und knapp
Europäische Union: Mehr Milch verbuttert
Die Molkereien in der Europäischen Union haben im ersten Quartal 2023 mehr Rohmilch erfasst. Nach Angaben der EU-Kommission nahm das Aufkommen gegenüber Januar bis März 2022 um 232 100 t oder 0,7 % auf 35,81 Mio t zu. Deutschland, als Europas größter Milcherzeuger, trug dazu mit einem Mengenplus von 2,7 % auf 8,15 Mio t merklich bei. Noch relativ stärker stieg die Milchproduktion in den Niederlanden mit 4,0 % auf 3,55 Mio t; in den kleineren Erzeugerländern Bulgarien und Rumänien wurden sogar zweistellige Zuwachsraten erzielt. In Irland kam hingegen die jahrelange Expansion zu einem Ende; die dort erfasste Menge nahm gegenüber dem ersten Quartal 2022 um 0,3 % ab. In Frankreich – mit dem EU-weit zweithöchsten Milchaufkommen – gingen die Anlieferungen um 1,8 % auf 6,06 Mio t zurück, in Italien um 2,7 % auf 3,30 Mio t. Das insgesamt größere Rohstoffangebot wurde von den Molkereien in der Gemeinschaft unter anderem zur vermehrten Butterherstellung genutzt, die gegenüber dem Vorjahresquartal um 15 300 t oder 3,0 % auf 528 600 t ausgedehnt wurde. Da für ein Kilogramm Butter etwa 18 kg Milch benötigt werden, wurden allein für die Mehrproduktion rund 275 000 t Rohmilch verwendet. In den Mitgliedstaaten entwickelte sich die Buttererzeugung jedoch sehr unterschiedlich. In Deutschland stieg diese um fast 10 %, in Dänemark um gut ein Fünftel. Dagegen schränkten die polnischen und niederländischen Molkereien die Butterherstellung um jeweils mehr als 6 % ein, in Irland um 9,4 %. Wichtiges Koppelprodukt der Butter ist Magermilchpulver. Dessen Produktion legte in der EU im Vergleich zum Vorjahresquartal relativ gesehen mit 4,8 % auf 347 700 t am stärksten zu. Spitzenreiter war hier Deutschland mit 104 600 t, was einem kräftigen Zuwachs von 22,9 % entsprach.
Das Milchfett in der Rohmilch wurde auch dazu verwendet mehr Sahne herzustellen, deren Erzeugung um 2,4 % auf 642 400 t im Vergleich zu Januar bis März 2022 zulegte. Bei Vollmilchpulver und anderen Pulvern traten die Molkereien hingegen auf die Bremse; die Produktion sank um 3,4 %. Auch die Herstellung von Sauermilcherzeugnissen blieb mit 0,2 % etwas unter dem Vorjahresniveau. Wichtigstes Milcherzeugnis, auch mit Blick auf den Export, blieb Käse. Dessen Herstellung in der EU nahm gegenüber dem ersten Quartal 2022 um 0,7 % auf 2,31 Mio t zu. In den führenden Ländern Deutschland und Frankreich war die Produktion allerdings um 1,0 % beziehungsweise 0,4 % rückläufig. Dänische Molkereien stellten hingegen rund 10 % mehr Käse her, und auch in Belgien, Österreich den Niederlanden und Italien wuchs die Erzeugung.
Wegen der höheren Produktion bei gleichzeitig zurückhaltender Verbrauchernachfrage in Zeiten der Inflation sind die Preise für Milcherzeugnissen in der EU und auch weltweit spürbar gesunken. Nach Kommissionangaben lag der durchschnittliche Butterpreis in der Gemeinschaft Ende Mai mit 474 Euro/100 kg um 35 % unter dem vergleichbaren Vorjahresniveau. Bei Magermilchpulver wurde ein Abschlag von 39 % verzeichnet, bei Cheddar und Edamer von jeweils 15 %. Lediglich Emmentalerkäse ließ sich der Statistik zufolge 10 % teuer als vor zwölf Monaten verkaufen. Während der Preisverfall an den Produktmärkten spätestens im Sommer 2002 einsetzte, gerieten die Milcherzeugerpreise mit Verzögerung erst zu Jahresbeginn unter Druck. In den ersten drei Monaten verringerte sich die Auszahlungsleistung der EU-Molkereien für Milch mit natürlichen Inhaltsstoffen im Schnitt um 7,9 Cent oder 13,5 % auf 50,4 Cent/kg. Für April wird ein weiterer Abschlag um gut 3 % auf 48,8 Cent/kg erwartet. Damit läge das mittlere Milchpreisniveau noch um 2,6 Cent über dem Niveau von April 2022. Für die folgenden Monate ist dann jedoch im Vorjahresvergleich mit einem deutlich geringeren Milchgeld zu rechnen. Angesichts der ebenfalls gestiegenen und immer noch hohen Produktionskosten, gibt es bereits zahlreiche Warnungen vor einer Kostenunterdeckung in der EU-Milchproduktion. (AgE)
Australien: Molkereien kürzen Milchgeld
Die Molkereien in Australien sind gesetzlich verpflichtet, vor Beginn der im Juli beginnenden Saison eine Spanne für den Milchpreis zu nennen. Der untere Wert ist hierbei als Mindestpreis anzusehen. Am 1. Juni war der Stichtag für diese Meldung und er hat bei den Milcherzeugern keine Freude ausgelöst. Die großen Milchverarbeiter des Landes kündigten für 2023/24 eine deutliche Kürzung des Milchgeldes an. Fonterra in Australien will seinen Erzeugern einen Mindestpreis von 8,65 A$ (5,28 Euro) für das Kilogramm Milchfeststoff beziehungsweise 0,65 A$ (39,7 Cent) für den Liter Rohmilch ab Hof zahlen. Im Vorjahresvergleich wären das rund 10 % weniger. Fonterra-Geschäftsführer Rene Dedoncker sprach von einem „fairen“ Preis, der über dem Niveau des internationalen Marktes liege. Die Erzeugerseite sieht das nicht so und verwies auf andere Molkereien, die etwas höhere Mindestpreise angekündigt haben. Der Vorsitzende der Fonterra-Lieferanten in Australien, Alan Davenport, bezeichnete den Eröffnungspreis als „enttäuschend, aber nicht überraschend“. Er wies darauf hin, dass ein durchschnittlicher Milchviehbetrieb in Tasmanien jährlich etwa 300 000 kg Milchtrockenmasse produziere, die Milchpreiskürzung für diesen also zu einem Erlösminus von mehr als 170 000 Euro führe. Kaum besser sieht es beim nach eigenen Angaben größten australischen Milchverarbeiter Saputo aus. Das kanadische Unternehmen kündigte einen Mindestpreis für das Kilogramm Milchfeststoff von 5,43 Euro an und für den Liter Milch von 40,9 Cent. Das sind rund 8 % weniger als in der vorherigen Saison gezahlt wurden, aber etwas mehr als Fonterra in Aussicht gestellt hat. Auch die anderen Molkereiunternehmen blieben mit ihren Zahlungsankündigungen unter dem Vorjahresniveau und lagen im Bereich von Saputo. Beim Tochterunternehmen Cadbury des amerikanischen Lebensmittelherstellers Mondelez sollen den Milchfarmern ohne exklusive Milchanlieferung nur 36,6 Cent/l gezahlt werden, den Erzeugern mit Exklusivvertrag dagegen 40,3 Cent/l. Australiens Milchproduktion ist in den vergangenen Jahren spürbar gesunken. Innerhalb von vier Jahren bis zur Saison 2021/22 hat das Rohstoffaufkommen um 8,3 % auf 8,55 Mrd l abgenommen; in der laufenden Saison liegt die Erzeugung nach zehn Monaten um 5,9 % unter dem Vorjahresniveau. Aufgrund des kleineren Rohmilchangebotes ist es in der Vergangenheit bereits zur Schließung von Molkereien gekommen. (Umrechnungskurs: 1 A$ = 0,6104 Euro) (AgE)
Spanien: Molkereiwirtschaft klagt gegen Verbot eines nicht kostendeckenden Milchpreises
Spaniens Molkereiverband FENIL hat das Verbot eines nicht kostendeckenden Milchpreises, das mit einer Änderung des Lebensmittelkettengesetztes Anfang 2020 für jedes Glied der Produktionskette eingeführt worden war, vor den Obersten Gerichtshof gebracht. Als Begründung seiner Klage führt FENIL laut Medienberichten an, dass das Verbot eines Preises unterhalb der Produktionskosten mit der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) für den Milchsektor kollidiere. Denn diese sehe vor, dass beim Verkauf von Milch alle Vertragselemente frei verhandelbar seien. Daneben verweist FENIL auf mögliche Schäden für die Milcherzeuger durch die Preisregulierung. Wenn es nicht mehr möglich sei, Milch auch zu nicht kostendeckenden Preisen zu verkaufen, könne es in Zeiten der Milchüberproduktion Absatzprobleme für die Höfe geben. Bei den Milcherzeugern hat die Klage jedoch für Empörung gesorgt. Der Bauernverband UPA sprach von einem „verabscheuungswürdigen Vorgehen“ und plädierte am vergangenen Mittwoch (31.5.) mit der Einreichung eines Gutachtens beim Obersten Gerichtshof für die Beibehaltung der derzeitigen Verbotsregelung. Obwohl Spanien seinen Inlandsbedarf an Milch nicht selber decken könne, litten die heimischen Erzeuger seit langem unter einer preisbedingten Rentabilitätskrise. Das habe in den zurückliegenden Jahren zu Schließung tausender Milchviehbetriebe geführt. Erzeuger in Spanien haben den Molkereien schon mehrfach vorgeworfen, nicht kostendeckende Milchpreise durchzudrücken. Daran hat auch das Lebensmittelkettengesetz wenig geändert. Medial kochte das Thema erst Mitte Mai hoch, als südspanische Erzeuger als Protest gegen die Preisgestaltung von Lactalis Puleva Milchtanks entleerten. Der Bauernverband COAG berichtete damals, dass der Milchpreis aufgrund der kriegs- und dürrebedingten Kostensteigerungen erst bei 58 Cent pro Liter kostendeckend sei. Angeboten würden im Fall von Lactalis Puleva aber nur noch 51 Cent. Laut Lactalis Puleva ist das allerdings ein im internationalen Vergleich weiterhin guter Preis. (AgE)
Tag der Milch: Verbände und Politik betonen Bedeutung der Milchviehhaltung
Der Deutsche Bauernverband (DBV) hat seine Forderung bekräftigt, die Milchviehhaltung im Rahmen der GAP-Förderung besser zu stellen. Anlässlich des Internationalen Tages der Milch am 1. Juni sprach sich DBV-Vizepräsident Karsten Schmal erneut dafür aus, im Rahmen der Öko-Regelungen einen „Grünland-Klima-Bonus“ einzuführen. „Kühe fressen Gras, Silage und pflanzliche Koppelprodukte aus der Lebensmittelerzeugung, die nicht durch den Menschen verwertet werden können“, gab Schmal zu bedenken. Mehrere Landwirtschaftsminister unterstrichen die regionale Bedeutung der Milchviehhaltung. Schleswig-Holsteins Agrarressortchef Werner Schwarz sprach von einem wichtigen Wertschöpfungsfaktor, der „auch in Zukunft zu erhalten“ sei. In Bezug auf den Klimawandel und die Moorbewirtschaftung betonte Schwarz, dass auf diesen Standorten „seit Generationen“ gewirtschaftet werde. Die Menschen auf diesen Höfen brauchten eine sichere Zukunftsperspektive. Baden-Württembergs Landwirtschaftsminister Peter Hauk hob zum Tag der Milch hervor, dass die heimische Erzeugung qualitativ hochwertiger Lebensmitte ein „wichtiger Beitrag zum Erhalt der traditionellen und vielfältigen Natur- und Kulturlandschaften“ sei. Derweil machte Mecklenburg-Vorpommerns Agrarminister Dr. Till Backhaus auf die angespannte Lage am Milchmarkt aufmerksam. „Wir erleben gerade wieder harte Zeiten für Milchbauern“, sagte Backhaus. Die Preise seien aufgrund eines steigenden Angebots und einer stagnierenden Nachfrage „im freien Fall“. „Ich appelliere an die Milcherzeugenden, zu einem mengengesteuerten System zu kommen, um endlich Stabilität in die Preise zu bekommen“, so der SPD-Politiker. Der Apell richte sich auch an den Lebensmitteleinzelhandel. Die Erzeuger dürften nicht in einem „ruinösen Preiskampf kaputtgespielt“ werden, mahnte Backhaus.
Mit seiner Forderung nach eine Mengensteuerung gab der Schweriner Agrarressortchef dem Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM) indirekt Rückendeckung. Dieser forderte angesichts eines wieder „zunehmenden Marktungleichgewichts“ eine europäische Krisenintervention. Laut BDM stehen die Milchbäuerinnen und Milchbauern vor einer „Milchmarktkrise 4.0“. „Wir weisen auf diese Marktsituation, die sich seit einigen Monaten auch in massiv fallenden Erzeugerpreisen realisiert, seit Mitte 2022 deutlich hin“, erklärte der BDM-Vorstandsvorsitzende Karsten Hansen. Aufgrund gestiegener Produktionskosten können laut BDM bei einem Preis von 0,43 Euro/kg nur noch die variablen Kosten der Betriebe gedeckt werden. Dieser Erzeugerpreis sei jedoch bereits in vielen Fällen unterschritten, berichtete der Verband. Hansen forderte daher eine „organisierte, befristete Reduzierung der EU-Milchmenge auf freiwilliger Basis“. Mit dem Kriseninstrument des freiwilligen Lieferverzichts gegen Entschädigung sei in der Gemeinsamen Marktordnung (GMO) der EU bereits ein passender Mechanismus vorgesehen. „Es müsste nur aktiviert werden“, so Hansen.
Der DBV-Milchpräsident betonte, Milchkühe seien mehr als ihr CO2-Fußabdruck und spielten zudem eine wichtige Rolle im CO2-Kreislauf. Das von den Kühen abgegebene biogene Methan werde im Gegensatz zum fossilen Methan innerhalb eines Jahrzehnts wieder abgebaut. Durch die Verwertung von Gras leisteten Kühe einen wesentlichen Beitrag, das Grünland als bedeutende CO2-Senke zu erhalten. „Grünlandbewirtschaftung ist ein Alleinstellungsmerkmal und verdient somit eine Honorierung im Sinne des Klima- und Umweltschutzes“, so Schmal. Die von ihm geforderte Einführung einer Grünland-Klimaprämie ist Bestandteil eines umfassenden Forderungskatalogs, den der Bauernverband im Hinblick auf die Ausgestaltung der Öko-Regelungen vorgelegt hat. Neben einer Verbesserung des Förderangebots für Grünland gehe es darum, die Öko-Regelungen attraktiver zu gestalten. Voraussetzung dafür seien höhere Fördersätze bei einer Reihe von Maßnahmen. (AgE)
Tag der Milch: Scharfe Kritik am geplanten Verbot der Anbindehaltung
Der agrarpolitische Sprecher der CSU-Fraktion im Bundestag, Artur Auernhammer, hat seine Kritik an dem von der Bundesregierung geplanten Ausstieg aus der Anbindehaltung bekräftigt. Anlässlich des Internationalen Tags der Milch äußerte Auernhammer vergangene Woche erneut schwere Bedenken gegen das von Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir anvisierte Ziel, die Anbindehaltung mit einer Frist von fünf Jahren weitgehend zu verbieten. Der Tag der Milch sei angesichts der Pläne Özdemirs „kein guter Tag für die bayerische Milchviehhaltung“, sagte Auernhammer. „Völlig realitätsferne, kurze Übergangszeiten mit einem fixem Ausstiegsdatum gefährden den Fortbestand der kleinbäuerlichen Milchwirtschaft sowie die Existenz zahlreicher Bauernfamilien“, kritisierte der CSU-Politiker. Dabei ist ihm zufolge die im Freistaat weitverbreitete Anbindehaltung von grundlegender Bedeutung für eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft. Özdemir gefährde dagegen mit seiner Politik „ohne Rücksicht auf Verluste kleinbäuerliche Strukturen“, so Auernhammer. Auch der Vizepräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal, übte scharfe Kritik an dem Vorhaben. Für ihn sei völlig unverständlich, dass die im Koalitionsvertrag vereinbarte Frist von zehn Jahren auf fünf Jahre verkürzt werden solle, sagte Schmal bei einer DBV-Veranstaltung zum Tag der Milch vor dem Brandenburger Tor am 1. Juni gegenüber AGRA-EUROPE.
Der DBV-Milchpräsident gab erneut zu bedenken, dass der gewollte Umbau der Tierhaltung nur mit den Betrieben möglich, nicht gegen sie. Starre, ordnungspolitische Vorgaben seien dabei der falsche Weg, betonte Schmal. Kritik gab es für den Bundeslandwirtschaftsminister auch von der Tierschutzorganisation Vier Pfoten, aber mit gegensätzlichem Vorzeichen. Sie wirft Özdemir einen „Bruch mit dem Koalitionsvertrag“ vor. Darin sei noch ein Totalverbot der Anbindehaltung vereinbart worden, statt der nun geplanten Abschaffung der ganzjährigen Anbindehaltung. Als enttäuschend wertete es der Verband, dass die Kombihaltung auch zukünftig erlaubt werde.
Die Tierschützer erklärten, dass eine kleinbäuerliche Landwirtschaft auch mit einer tiergerechten Haltung möglich sei. Gefragt sei dabei die Politik. „Höfe, die ihre Rinder auch außerhalb der Weidesaison tiergerecht halten sowie durch Beweidung Landschaftspflege betreiben und einen Beitrag zum Erhalt von Biodiversität leisten, sollten angemessen entlohnt werden“, so das Mitglied der Geschäftsführung von Vier Pfoten, Rüdiger Jürgensen. Übergangsfristen dürfe es zudem nur für Betriebe geben, die sich zu einem tiergerechten Umbau der Haltung sowie einem mehrmonatigen sommerlichen Weidegang verpflichten. (AgE)
Nahrungsmittelpreisindex setzt Abwärtstrend fort
Die Weltmarktpreise für landwirtschaftliche Produkte haben nach einer geringfügigen Erholung im April im vergangenen Monat wieder nachgegeben. Wie die Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO) am 2. Juni mitteilte, sank der von ihr berechnete Preisindex im Mai um 2,6 % auf 124,3 Punkte. Das waren 22,1 % weniger als das Allzeithoch vom März 2022. Ausschlaggebend für die negative Entwicklung des Gesamtindex für Mai gegenüber April war der Organisation zufolge insbesondere der starke Rückgang des Pflanzenölpreisindex, für den ein Minus von 8,7 % verzeichnet wurde. Auslöser dafür war vor allem die schwache Palmölnachfrage am Weltmarkt bei einem gleichzeitig zunehmenden Angebot wichtiger Erzeugerländer. Hinzu kamen die Rekordsojaernte in Brasilien sowie ein umfangreiches Angebot an Raps- und Sonnenblumenöl. Für die Getreidepreise verzeichnete die FAO im Mai 2023 im Vergleich zum Vormonat ein Minus von 4,8 %. Im Einzelnen habe sich Mais angesichts optimistischer Ernteaussichten und schleppenden Importen verbilligt, berichteten die Fachleute in Rom. Auch mit den Notierungen für Weizen sei es abwärts gegangen, und zwar als Folge des verlängerten Getreideabkommens zwischen Russland und der Ukraine sowie eines insgesamt reichlichen internationalen Angebots. Der FAO-Milchpreisindex sank im Berichtsmonat gegenüber April um 3,2 %. Begründet wird diese negative Entwicklung vor allem mit dem umfangreichen Käseangebot am Weltmarkt als Folge der saisonal bedingt reichlichen Milcherzeugung auf der Nordhalbkugel. Allerdings hätten sich die Notierungen für Milchpulver und Butter erholt. Weiter aufwärts ging es dagegen für den FAO-Zuckerpreisindex, der mit einem Plus von 5,5 % seinen Stand vom Vorjahresmonat um fast ein Drittel übertraf. Zurückzuführen sei dies vor allem auf die Verknappung des Süßstoffs am Weltmarkt und auf Spekulationen über Ertragseinbußen bei der kommenden Zuckerrohrernte durch das Wetterphänomens El Niño, erklärte die FAO. Außerdem hätten sich Lieferungen brasilianischer Ware verzögert. Auch der FAO-Fleischpreisindex legte im Mai gegenüber dem Vormonat zu, und zwar um 1 %. Maßgeblich hierfür waren der Organisation zufolge vor allem eine lebhafte asiatische Importnachfrage nach Geflügelfleisch sowie das weiterhin nur knappe US-Rindfleischangebot. (AgE)
Agrarminister: Sicherheit der Lebensmittel nicht beeinträchtigen
Die Landwirtschaftsminister der EU-Mitgliedstaaten stehen im Großen und Ganzen hinter dem Vorschlag der Brüsseler Kommission für eine neue Verpackungsverordnung. Gleichzeitig sprach sich die überwiegende Mehrheit der Agrarressortchefs bei ihrer Zusammenkunft am 30. Mai in der belgischen Hauptstadt dafür aus, ein besonderes Augenmerk auf die Qualität und Sicherheit der zu verpackenden Lebensmittel zu legen. Federführend für dieses Dossier sind jedoch die Umweltminister. Der Agrarrat gibt lediglich eine Stellungnahme zu den Plänen ab. Der für den Entwurf federführende EU-Umweltkommissar Virginius Sinkevičius versuchte die Sorgen der Minister zu entkräften. Die öffentliche Gesundheit habe absolute Priorität und werde nicht in Mitleidenschaft gezogen. So würden nur als sicher geltende wiederverwertbare Kunststoffe bei der Verpackung von Nahrungsmitteln zum Einsatz kommen, versicherte der Litauer. Allerdings konstatierte er, dass an einer höheren Recyclingrate kein Weg vorbeiführe. Gemäß dem Brüsseler Umweltchef sind die Plastikabfälle in den vergangenen zehn Jahren um 10 % stärker gestiegen als der Ausbau der Verarbeitungskapazitäten. Der Vorschlag der Kommission sieht unter anderem vor, gegenüber dem Referenzjahr 2018 den Plastikabfall bis 2030 um 5 % und bis 2040 um 15 % zu reduzieren. Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir betonte, dass er diese Ziele teile. Allerdings dürfe die Lebensmittelsicherheit nicht beeinträchtigt werden. Zudem warnte der Ressortchef vor einer Zunahme an Lebensmittelabfällen bei einem unzureichenden Schutz durch die Verpackungen. Hier müssten Lösungen gefunden werden.
Außerdem wies Özdemir auf das „gut funktionierende“ Mehrwegflaschensystem in Deutschland hin. Hier gebe es keinerlei Probleme mit der Lebensmittelsicherheit. Frankreichs Landwirtschaftsminister Marc Fesneau betonte, dass man eine Reduzierung des Verpackungsabfalls nicht mit einem Anstieg der Lebensmittelverschwendung tauschen dürfe. Der spanische Agrarminister Luis Planas wies mit Blick auf die Recyclingforderungen auf die Notwendigkeit von Kosten-Nutzen-Rechnungen hin. Italiens Landwirtschaftsminister Francesco Lollobrigida unterstrich seine Unterstützung für den Maßnahmenkatalog der Kommission zur Reduzierung von Verpackungsmüll. Allerdings müssten die Regeln flexibler ausgestaltet sein, mahnt er an.
Unterdessen sah sich die Kommission vorige Woche veranlasst, einer Darstellung des Deutschen Brauer-Bundes (DBB) in einer gesonderten Presseerklärung zu widersprechen. Der Branchenverband hatte laut der Brüsseler Behörde „fälschlicherweise“ erklärt, dass nach ihren Plänen für eine neue Verpackungsverordnung Mehrweg-Bierflaschen in Deutschland eingeschmolzen werden müssten, sofern diese nicht bestimmte Kennzeichen auf der Flasche eingraviert hätten. Ihre Vorlage sehe vor, dass jede Verpackung hinreichend gekennzeichnet sein müsse. Auf dem Etikett und dem QR-Code müsse klar hervorgehen, woraus die Verpackung bestehe und in welchen Abfallbehälter sie gehöre. Diese Information müsse zudem dauerhaft angebracht sein, räumte die Kommission ein. Ablösbare Papieretiketten, die im deutschen Flaschenpfandsystem üblich seien, könnten diese Bedingung aber durchaus ebenfalls erfüllen. „Vorausgesetzt, sie sind verfügbar, so lange die Flasche im Umlauf ist“, stellte die EU-Behörde klar. (AgE)
Özdemir erhöht Druck auf die EU-Kommission
Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat verschiedene Akteure in der Agrarpolitik aufgefordert, den Druck auf die Europäische Kommission in Sachen Herkunftskennzeichnung zu erhöhen. Wie der Grünen-Politiker beim agrarpolitischen Abend des Landvolks Niedersachsen am 30. Mai in Brüssel feststellte, geht ihm beim Warten auf einen Kommissionsvorschlag dazu allmählich die Geduld aus. Die hierfür zuständige Gesundheitskommissarin Stella Kyriakides habe ihm bereits mehrmals Zeitpunkte zugesagt, zu denen ein Vorschlag habe vorgelegt werden sollen. Diese Termine seien jedoch allesamt nicht eingehalten worden. Er selbst sei mittlerweile nicht mehr sicher, ob noch vor der Europawahl im Juni 2024 ein Vorschlag zur Herkunftskennzeichnung präsentiert werde. Aus Kommissionskreisen hieß es derweil gegenüber AGRA-EUROPE, dass man frühestens im Herbst so weit sei, einen Regelungsentwurf zu veröffentlichen. Allerdings wollte keiner der befragten Beamten die Hand dafür ins Feuer legen, dass es bis zum Frühjahr 2024 mit der Vorlage eines Vorschlags klappen wird. Sorgen bereitet insbesondere, dass etwaige verpflichtende Herkunftskennzeichnungsvorgaben mit den Regeln des EU-Binnenmarktes kollidieren. Die Bundesregierung hat bekanntlich vor kurzem eine Regelung zur Herkunftskennzeichnung von frischem Fleisch auf den Weg gebracht. Damit soll die verpflichtende Herkunftsangabe auf frisches, gekühltes und gefrorenes Schweine-. Geflügel-, Schaf- und Ziegenfleisch erweitert werden. Bislang gilt eine verpflichtende Kennzeichnung lediglich für verpacktes Fleisch sowie als Folge der durch die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) ausgelösten Krise für unverpacktes Rindfleisch. (AgE)
Lebensmittelpreise im Mai knapp 15 Prozent über Vorjahresniveau
Der Anstieg der Lebensmittelpreise in Deutschland hat sich im Mai im Vergleich zum Vorjahresmonat zwar weiter abgeschwächt, bewegt sich aber noch deutlich im zweistelligen Prozentbereich. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am vergangenen Mittwoch (31.5.) mitteilte, mussten die Bundesbürger im vergangenen Monat nach vorläufigen Berechnungen im Schnitt 14,9 % mehr für Nahrungsgüter zahlen als im Mai 2022. Im April hatte das Plus zum Vorjahr 17,2 %, im März sogar 22,3 % betragen. Im Vergleich zu Mai 2021 errechnet sich für Lebensmittel aktuell im Schnitt eine Verteuerung um insgesamt fast 28 %. Während die Preise für Nahrungsgüter weiterhin überdurchschnittlich anzogen, lag der Anstieg der Energiepreise im Mai 2023 mit 2,6 % gegenüber dem Vorjahresmonat deutlich unterhalb der Veränderungsrate des Gesamtindex. Gegenüber dem hohen Indexstand im Mai 2022 liegt hier nach Angaben der Wiesbadener Statistiker ein Basiseffekt vor, nachdem im Zuge des russischen Überfalls auf die Ukraine die Energiepreise stark gestiegen waren. Daneben hätten auch die Maßnahmen des dritten Entlastungspakets der Bundesregierung zur Abschwächung der Energiepreisentwicklung beigetragen. Die allgemeine Teuerungsrate schwächte sich gemäß den vorläufigen Berechnungen von Destatis im vergangenen Monat auf 6,1 % ab. Im April hatte sich diese noch auf 7,2 %, im März auf 7,4 % und im Februar auf 8,7 % belaufen. Die endgültigen Ergebnisse zur Inflation im Mai 2023 werden von den Statistikern am 13. Juni veröffentlicht. (AgE)
Deutschland ist Europas größter Milchproduzent
Rund 32 Millionen Tonnen Rohmilch erzeugen etwa 3,8 Millionen Milchkühe in Deutschland. Das entspricht rund einem Fünftel der EU-weiten Milchproduktion – kein anderes Land in Europa produziert so viel Milch. Frankreich ist laut Eurostat-Daten im Jahr 2022 mit rund 24 Millionen Tonnen Rohmilch der zweitgrößte Milcherzeuger in Europa. Die Niederlande (13,7 Mio. Tonnen) und Italien (12,8 Mio. Tonnen) folgen auf Rang drei und vier.
Eine Milchkuh gibt hierzulande etwa 8,4 Tonnen Milch pro Jahr, was schätzungsweise 0,4 Tonnen über dem EU-Durchschnitt liegt. Kühe aus beispielsweise Spanien und Dänemark müssen mit mehr neun bis zehn Tonnen pro Jahr deutlich mehr leisten. Ein entspannteres Leben haben so gesehen Milchkühe in Rumänien – hier landen pro Kuh etwa eine Tonne Milch bei den verarbeitenden Betrieben.
Die deutsche Milchindustrie zählt 165 milchverarbeitende Unternehmen mit mehr als 40.000 Beschäftigten. Der 2022 erwirtschaftete Umsatz beträgt rund 35,7 Milliarden Euro. Von den knapp 32 Millionen Tonnen Rohmilch wird der größte Teil zu Trinkmilch und Käse verarbeitet, wovon die Deutschen jährlich etwa 46,1 Liter beziehungsweise 24,6 Kilogramm verzehren.(statista)
Neues Weidemilch-Label
Die Milchwerke Schwaben aus Neu-Ulm bringen eine neue regionale Weidemilch mit der Kultfigur „Axel Frischmilch“ auf den Markt. Die Lieferanten der Milch müssen ihre Tiere mindestens 120 Tage im Jahr auf der Weide halten und ihnen in der Saison von Frühjahr bis Oktober mindestens sechs Stunden Weidegang täglich gewähren. Auf den Weiden sollen den Tieren Rückzugsmöglichkeiten und Schattenplätze zur Verfügung stehen. Außerdem sollen die Weideflächen mindestens 1.000 m2 pro Tier bieten. Entlohnt werde den Milcherzeugern dieser Aufwand mit einem höheren Auszahlungspreis gegenüber konventionellen Lieferanten.
Im Regal wird die neue Weidemilchmarke ab Juni als 3,8 %-ige Vollmilch, als Gouda und Edamer sowie als Reibekäse erhältlich sein. Auf der Verpackung erhalten die Verbraucher detaillierte Auskunft zu den einzuhaltenden Weidekriterien. Da die Milchwerke Schwaben keine eigene Abfüllanlage für Vollmilch haben, übernimmt eine benachbarte Molkerei diese Arbeit.
Die bayerisch-baden-württembergische Genossenschaft mit Sitz in Neu-Ulm hat die Marke Axel Frischmilch, die in den 80er Jahren populär war, 2021 zu 100 % übernommen.
EU: Mehr Milch verbuttert
Die Molkereien in der Europäischen Union haben im ersten Quartal 2023 mehr Rohmilch erfasst. Nach Angaben der EU-Kommission nahm das Aufkommen gegenüber Januar bis März 2022 um 232 100 t oder 0,7 % auf 35,81 Mio t zu. Deutschland, als Europas größter Milcherzeuger, trug dazu mit einem Mengenplus von 2,7 % auf 8,15 Mio t merklich bei. Noch relativ stärker stieg die Milchproduktion in den Niederlanden mit 4,0 % auf 3,55 Mio t; in den kleineren Erzeugerländern Bulgarien und Rumänien wurden sogar zweistellige Zuwachsraten erzielt. In Irland kam hingegen die jahrelange Expansion zu einem Ende; die dort erfasste Menge nahm gegenüber dem ersten Quartal 2022 um 0,3 % ab. In Frankreich – mit dem EU-weit zweithöchsten Milchaufkommen – gingen die Anlieferungen um 1,8 % auf 6,06 Mio t zurück, in Italien um 2,7 % auf 3,30 Mio t.
Das größere Rohstoffangebot wurde von den Molkereien in der Gemeinschaft unter anderem zur vermehrten Butterherstellung genutzt, die gegenüber dem Vorjahresquartal um 15 300 t oder 3,0 % auf 528 600 t ausgedehnt wurde. Da für ein Kilogramm Butter etwa 18 kg Milch benötigt werden, wurden allein für die Mehrproduktion rund 275 000 t Rohmilch verwendet. In den Mitgliedstaaten entwickelte sich die Buttererzeugung jedoch sehr unterschiedlich. In Deutschland stieg diese um fast 10 %, in Dänemark um gut ein Fünftel. Dagegen schränkten die polnischen und niederländischen Molkereien die Butterherstellung um jeweils mehr als 6 % ein, in Irland um 9,4 %.
Wichtiges Koppelprodukt der Butter ist Magermilchpulver. Dessen Produktion legte in der EU im Vergleich zum Vorjahresquartal relativ gesehen mit 4,8 % auf 347 700 t am stärksten zu. Spitzenreiter war hier Deutschland mit 104 600 t, was einem kräftigen Zuwachs von 22,9 % entsprach. Das Milchfett in der Rohmilch wurde auch dazu verwendet mehr Sahne herzustellen, deren Erzeugung um 2,4 % auf 642 400 t zulegte. Bei Vollmilchpulver und anderen Pulvern traten die Molkereien hingegen auf die Bremse; die Produktion sank um 3,4 %. Auch die Herstellung von Sauermilcherzeugnissen blieb mit 0,2 % etwas unter dem Vorjahresniveau.
Wichtigstes Milcherzeugnis, auch mit Blick auf den Export, blieb Käse. Dessen Herstellung in der EU nahm gegenüber dem ersten Quartal 2022 um 0,7 % auf 2,31 Mio t zu. In den führenden Ländern Deutschland und Frankreich war die Produktion allerdings um 1,0 % beziehungsweise 0,4 % rückläufig. Dänische Molkereien stellten hingegen rund 10 % mehr Käse her, und auch in Belgien, Österreich den Niederlanden und Italien wuchs die Erzeugung. (AgE)
Fonterra rechnet mit etwas schwächeren Milchpreisen
Der neuseeländische Molkereikonzern Fonterra ist für die am 1. Juni beginnende Milchsaison 2023/24 verhalten optimistisch. Die am 24. Mai veröffentlichte Eröffnungsprognose zum Auszahlungspreis für ein Kilogramm Milchfeststoff liegt im Mittel bei 8,00 NZ$ (4,65 Euro). Die Spanne wurde, wie üblich zu Saisonbeginn, aufgrund der Unsicherheiten weit gefasst und lag zwischen 7,25 NZ$ (4,21 Euro) und 8,75 NZ$ (4,94 Euro). In der noch nicht ganz beendeten Saison 2022/23 wird Fonterra seinen Milchlieferanten den Milchfeststoff voraussichtlich mit 8,20 NZ$/kg (4,76 Euro) vergüten. Die mögliche Milchgeldkürzung fiele im Vorjahresvergleich mit 2,5 % demnach recht gering aus. In der Saison 2021/22 war den Milcherzeugern ein historischer Höchstpreis von 9,30 NZ$/kg (5,40 Euro) gezahlt worden. Laut Fonterra-Geschäftsführer Miles Hurrell wurde der Erzeugermilchpreis 2022/23 durch die geringere Nachfrage, vor allem Chinas, beeinträchtigt. „Wir sind aber gut durch die Saison gekommen und haben fast die gesamte Milch unter Vertrag, was Sicherheit gibt“, erklärte der CEO. Allerdings hätten sich die Preise im globalen Milchhandel noch nicht auf ein Niveau erholt, um den Milchpreis stabil zu halten. Hurrell betonte, dass die Eröffnungsprognose für den Auszahlungspreis 2023/24 die Erwartung beinhalte, dass Chinas Vollmilchpulvernachfrage wieder steigen werde. Wann dies geschehe, sei aber unklar, da die Vollmilchpulverbestände auch wegen der höheren Eigenproduktion derzeit über dem normalen Niveau lägen. Mit den ersten neun Monaten des laufenden Geschäftsjahres bis zum 30. April 2023 kann Fonterra zufrieden sein. Der Umsatz legte gegenüber dem Vorjahreszeitraum um 16,2 % auf 19,74 Mrd NZ$ oder umgerechnet 11,46 Mrd Euro zu, was vor allem an den höheren Verkaufspreisen lag. Noch besser lief es beim Gewinn nach Steuern, der um 181,3 % auf 769 Mio Euro nach oben schoss. Darin enthalten sind jedoch auch die Gewinne aus dem Verkauf von Soprole von 151 Mio Euro sowie der Milchfarm Hangu in China von 7 Mio Euro. Das gute Ergebnis ist laut Hurrell auf eine starke Leistung im Bereich Ingredienzien, aber auch auf fortgesetzt hohe Margen im Geschäft mit Käse und Proteinen wie Kasein zurückzuführen. Die günstigen Preisrelationen durch hohe Verkaufserlöse hätten länger als erwartet angehalten. (Umrechnungskurs: 1 NZ$ = 0,5803 Euro) (Age)
MIV wirbt für mehr Geld für die Initiative Milch
Gesellschaftliche Akzeptanz der Milchviehhaltung ist für Hauptgeschäftsführer Heuser eine „Lizenz zum Produzieren“ – Milchbauern sollen sich in die agrarpolitische Diskussion zur Zukunft der GAP einmischen – Chemnitz von Agora Agrar plädiert für Ausstieg aus der EU-Basisprämie – Der IVM-Vorsitzende Schmidt pocht auf kostendeckenden Milchpreis und planbare Rahmenbedingungen – IVM-Jahrestagung am Seddiner See
Zwei Jahre nach dem Start der Initiative Milch 2.0 GmbH sieht der Milchindustrie-Verband (MIV) die Branchenkommunikation auf einem guten Weg. Für einen noch stärkere Wirkung der Kommunikationsmaßnahmen würde MIV-Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser aber gerne mehr Geld bei den Molkereien mobilisieren. Zu Zeiten der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) habe allein die Milchwirtschaft 30 Mio Euro zur Absatzförderung beigetragen, erinnerte Heuser vergangene Woche auf einer Tagung des Interessenverbandes Milcherzeuger (IVM) in der Heimvolkshochschule am Seddiner See. „Mit einem Jahresbudget von 3 Mio Euro für die Initiative Milch können wir aktuell wenig machen, aber wir sollten es machen“, stellte Heuser in einer Podiumsrunde klar. Gegen einen gesellschaftlichen Trend wie den Veganismus sei allerdings auch mit viel Kreativität und guten Marketingideen schwer anzukommen, räumte er ein. „Und wenn uns immer wieder Fälle von Tierschutzverstößen dazwischenfunken“, sei die Milchbranche teils selber schuld. Tierwohl und eine gesellschaftlich akzeptierte Haltungsform sind für den MIV-Hauptgeschäftsführer „Lizenzen zum Produzieren“. Daher sollte die Tierwohldiskussion nicht auf höhere Produktionskosten verkürzt werden. „Wenn wir die Transformation der Nutztierhaltung nicht gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hinbekommen, haben wir als Agrarbranche verloren“, so Heuser, der einer von drei Gesellschaftern der Initiative Milch 2.0 GmbH ist.
Die Landwirte sollten sich aktiv in die laufende Diskussion um die Zukunft der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) einbringen, riet der MIV-Hauptgeschäftsführer den Mitgliedern des IVM, in dem sich nach der Wende große und professionell gemanagte ostdeutsche Milcherzeugerbetriebe organisiert haben. „Sonst ist das Geld aus der Ersten Säule weg – und nur die Erste Säule ist Ihnen sicher“, betonte Heuser. Der Erhalt der Direktzahlungen sei umso wichtiger, als der Wettbewerb am europäischen Milchmarkt mit den Freihandelsabkommen mit Neuseeland und Australien absehbar härter werde. „In sieben Jahren werden Ihnen die Herren Aldi, Oettker und Nestlé sagen, wo der Milchpreis in Neuseeland steht. Und wenn wir das in Deutschland nicht schaffen, werden die Branchengrößen woanders kaufen“, sagte Heuser voraus. Die Betriebsleiter sollten die nächsten Jahre deshalb nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern. „Die Kollegen in Australien und Neuseeland werden die neue Benchmark sein“, erklärte der MIV-Hauptgeschäftsführer.
Dr. Christine Chemnitz von Agora Agrar hält indes wenig davon, allein auf den Weltmarkt zu setzen. „Einige Betriebe werden bei den Produktionskosten mithalten können, viele aber nicht“, warnte die Direktorin des neuen Berliner Think Tanks. Chemnitz plädierte dafür, bei der Agrarförderung umzusteuern, um die Abhängigkeit der Bauern vom Weltmarkt zu verringern. Für eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz der Agrarförderung müsse künftig besser kommuniziert werden, was die Landwirte jenseits der Milchproduktion noch für die Gesellschaft leisteten, beispielsweise den Erhalt von Grünland oder den Schutz der Biodiversität: „Das sind gesellschaftlich gewünschte Ziele, mit denen die Landwirtschaft aber künftig auch Geld verdienen können muss“. Gleichzeitig wiederholte die Wissenschaftlerin die jüngste Forderung von Agora Agrar, ab 2028 schrittweise und vollständig aus der Basisprämie der Ersten Säule auszusteigen. Parallel dazu müssten nach und nach Prämien zur Honorierung von Gemeinwohlleistungen aufgebaut werden. „Das ist eine harte Nachricht, eröffnet aber umgekehrt die Chance, künftig sogar mehr Geld für gesellschaftlich gewünschte Leistungen zu bekommen“, argumentierte Chemnitz. Die Alternative seien immer weiter reduzierte Direktzahlungen, weil es immer schwieriger werde, für diese im EU-Haushalt eine Begründung zu finden. „Wir müssen Gelder künftig zielgerichtet einsetzen, um sie für die Landwirtschaft zu erhalten“, so das Fazit von Chemnitz.
Der IVM-Vorsitzende Christian Schmidt pochte bei der Tagung auf einen kostendeckenden Milchpreis. Aktuell sei das Milchgeld im Sinkflug, während überall für höhere Löhne gestreikt werde. „Löhne im Milchviehbetrieb können aber nur aus dem Milchgeld bezahlt werden“, stellte Schmidt klar. Mindestlöhne würden den Agrarbetrieben aufgedrückt, aber die Politik tue nichts für planbare Rahmenbedingungen. Gleichzeitig seien die Margen im Handel bei Lebensmitteln groß wie nie. Die Vorschläge von Chemnitz, sich künftig gesellschaftlich gewünschte Leistungen bezahlen zu lassen, sieht der IVM-Vorsitzende kritisch. Für eine Blühwiese wolle letztlich niemand bezahlen. „Das generiert viel Verwaltungs- und Kontrollaufwand, der auch nicht produktiv ist“, gab Schmidt außerdem zu bedenken. (AgE)
Der IVM-Vorsitzende Christian Schmidt pochte bei der Tagung auf einen kostendeckenden Milchpreis. Aktuell sei das Milchgeld im Sinkflug, während überall für höhere Löhne gestreikt werde. „Löhne im Milchviehbetrieb können aber nur aus dem Milchgeld bezahlt werden“, stellte Schmidt klar. Mindestlöhne würden den Agrarbetrieben aufgedrückt, aber die Politik tue nichts für planbare Rahmenbedingungen. Gleichzeitig seien die Margen im Handel bei Lebensmitteln groß wie nie. Die Vorschläge von Chemnitz, sich künftig gesellschaftlich gewünschte Leistungen bezahlen zu lassen, sieht der IVM-Vorsitzende kritisch. Für eine Blühwiese wolle letztlich niemand bezahlen. „Das generiert viel Verwaltungs- und Kontrollaufwand, der auch nicht produktiv ist“, gab Schmidt außerdem zu bedenken. AgE
Molkereichef Hauer macht Milcherzeugern Hoffnung auf bessere Preise
Mit einer baldigen Trendwende bei den Milchauszahlungspreisen in Deutschland rechnet der Vorsitzende der Geschäftsführung der Sachsenmilch Leppersdorf GmbH, Mathias Hauer. „Im Juni rechne ich je nach Standort und Molkerei nochmal mit einem kleinen Preisschritt nach unten, aber für das zweite Halbjahr 2023 bin ich optimistisch, dass der Markt dreht“, sagte Hauer am 24. Mai auf einer Tagung des Interessenverbandes Milcherzeuger (IVM) in der Heimvolkshochschule am Seddiner See. Positiv, was die weitere Entwicklung beim Milchgeld angeht, stimmt ihn das Mitte Mai vermutlich überschrittene saisonale Hoch der Milchanlieferungen in Deutschland, wodurch das Rohstoffaufkommen in den kommenden Wochen und Monaten absehbar wieder sinke. Zudem sei damit zu rechnen, dass mit dem besseren Wetter auch das „Frische-Segment“ wieder im Absatz anziehe. „Deshalb gehe ich fest davon aus, dass wir zur Jahresmitte zumindest eine Stabilisierung der Milchauszahlungspreise sehen werden“, zeigte sich der Sachsenmilch-Geschäftsführer überzeugt.
Allerdings stelle sich der Aufschwung am deutschen Milchmarkt langsamer ein, als dies vor einigen Monaten zu erwarten gewesen sei. räumte Hauer vor rund 150 Teilnehmern der Fachtagung des IVM ein, in dem sich nach der Wende große und professionell gemanagte ostdeutsche Milcherzeugerbetriebe organisiert haben. Angeheizt durch Rohmilchauszahlungspreise von in der Spitze 60 Cent/kg sei 2022 ein Milchüberschuss am deutschen Markt aufgelaufen, der auf eine preisbedingt immer verhaltenere Nachfrage der Verbraucher nach Milchprodukten getroffen sei, erinnerte der Molkereimanager. Aufgrund des Ungleichgewichtes von Angebot und Nachfrage sei der Auszahlungspreis im Gefolge des Rohstoffwertes regelrecht eingebrochen. Anders als in früheren Überschussphasen habe auch das Exportventil nicht richtig funktioniert, da am Weltmarkt ebenfalls für die Verbraucher relevante Preisschwellen überschritten worden seien.
Zumindest funktionieren laut Hauer mittlerweile die weltweiten Lieferketten wieder. Allerdings hätten Lebensmittelkonzerne mit Produktionsstätten rund um den Globus zwischenzeitlich riesige Bestände aufgebaut, um das eigene Angebot abzusichern, aber auch, um stets bei allen Erzeugnissen lieferfähig zu sein. „Die haben 2022 alles gekauft, was es zu kaufen gab“, berichtete Hauer. Es sei eine regelrechte Panik im Markt gewesen, was zu den zeitweise „galoppierenden“ Preisen geführt habe. Jetzt registrierten auch die Großkonzerne, dass mittlerweile teures Kapital in den Lägern gebunden sei. Nestlé und Co. reduzierten deshalb ihre Bestände und hätten daher zumindest vorübergehend kaum Bedarf an Rohstoffen. Auf der anderen Seite bekomme auch er in Leppersdorf jeden Tag wieder Rohmilch angeliefert, die bei schwächelnder Nachfrage nicht immer vollständig vermarktet werden könne. „Wir können Ware ein oder zwei Wochen ins Lager stellen, aber irgendwann müssen wir reagieren. Und an diesem Punkt sind wir aktuell“, so der Geschäftsführer der Sachsenmilch GmbH, die zur Unternehmensgruppe Theo Müller gehört. (AgE)
EuG-Urteil: „Emmentaler“ ist keine geschützte Marke in der EU
Der Begriff „Emmentaler“ kann nicht als Unionsmarke für Käse geschützt werden. Das hat am 24. Mai das Gericht der Europäischen Union (EuG) in Luxemburg entschieden. Nach Auffassung der Richter beschreibt die angemeldete Marke für die maßgeblichen deutschen Verkehrskreise eine Käsesorte und wird nicht als geografische Herkunftsangabe für den betreffenden Käse wahrgenommen. Daher kommt das EuG zu dem Ergebnis, dass „Emmentaler“ als Kollektivmarke keinen Schutz genießt. Zuvor hatte die Branchenorganisation Emmentaler Switzerland beim Internationalen Büro der Weltorganisation für geistiges Eigentum die internationale Registrierung des Wortzeichens Emmentaler für „Käse mit geschützter Ursprungsbezeichnung ‚Emmentaler‘“ vorgenommen. Diese internationale Registrierung wurde dem Europäischen Amt für geistiges Eigentum (EUIPO) angezeigt. Jedoch wurde die Anmeldung zurückgewiesen. Daraufhin legte Emmentaler Switzerland Beschwerde ein, die von der Zweiten Beschwerdekammer mit der Begründung zurückgewiesen wurde, dass die angemeldete Marke beschreibend sei. Mit seinem Urteil hat das EuG die gegen die Beschwerdekammer gerichtete Klage jetzt abgewiesen. (AgE)
Ergebnisse des Nationalen Dialogs zu Ernährungssystemen überreicht
Zum Nationalen Dialog zu Ernährungssystemen liegt nun der Abschlussbericht vor. Der Präsident der Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE), Dr. Hanns-Christoph Eiden, überreichte das 48-seitige Papier am 24. Mai der Parlamentarischen Staatssekretärin vom Bundeslandwirtschaftsministerium, Dr. Ophelia Nick. Laut Bericht waren sich die Beteiligten im Themenfeld 1 „Lebensmittelerzeugung“ einig, dass bei der landwirtschaftlichen Erzeugung externe Kosten entstehen, die derzeit gesamtgesellschaftlich getragen werden. Keine Einigkeit sei hingegen darüber erzielt worden, externe Kosten zu internalisieren. Hier habe es gerade in der Landwirtschaft große Vorbehalte gegeben. Alternativ zur Internationalisierung externer Kosten sei die Reduzierung externer Kosten diskutiert worden. Dies könne durch die Anhebung gesetzlicher Mindeststandards oder die Einführung von Anreizsystemen erreicht werden. Gegenüber der Verringerung externer Kosten habe es seitens der Landwirtschaft gewisse Vorbehalte gegeben. Als zentraler Ansatzpunkt für die Verwirklichung einer nachhaltigen landwirtschaftlichen Produktion sei im Themenfeld 2 zu diesem Thema die Fruchtfolge identifiziert worden, heißt es in dem Bericht weiter. Über die Definition klarer mittel- und langfristiger Ziele hinsichtlich der Fruchtfolgen und einer klar in dieser Richtung ausgestalteten Förder- und ordnungsrechtlichen Politik könne ein „signifikanter Beitrag“ zum Erhalt der biologischen Vielfalt, zur Verringerung der Nährstoffüberschüsse und zum Aufbau organischer Bodensubstanz geleistet werden. Weitere Themenfelder sind „Nachhaltige Ernährungssysteme in Stadt und Land“, „Ernährungswirtschaft der Zukunft“ und „Ernährung der Zukunft – mehr pflanzenbasiert“. Bekanntlich wurde der Dialog als nationale Fortsetzung des Weltgipfels zu Ernährungssystemen der Vereinten Nationen (UN Food System Summit) im September 2021 in New York gestartet. Unter der Überschrift „Gemeinsam nachhaltig ernähren“ diskutierten gut 1 600 Fachleute der deutschen Land- und Ernährungswirtschaft fast ein Jahr lang über die weitere Transformation der Land- und Ernährungswirtschaft. Auf internationaler Ebene sollen die Ergebnisse Teil des deutschen Beitrags für eine erste Bestandsaufnahme des UN Food System Summit im Juli 2023 in Rom sein. (AgE)
ZKHL will eine vollständige Herkunftskennzeichnung
Die Zentrale Koordination Handel-Landwirtschaft (ZKHL) strebt eine vollständige Herkunftskennzeichnung für frische Produkte aus Deutschland an. Das hat dessen Geschäftsführer Peter Jürgens im Interview mit AGRA-EUROPE berichtet. Derzeit befinde sich die Herkunftskennzeichnung Deutschland in der Finalisierung. Gekennzeichnet werden sollen laut Jürgens mit dem Label „Gutes aus deutscher Landwirtschaft“ Fleisch von Schwein, Rind- und Kalb sowie Geflügel, Eier, Obst und Gemüse, frische Milch und Joghurt beziehungsweise Quark. Der Unterschied zu der Herkunftskennzeichnung, die jetzt mit dem Kabinettsbeschluss angestrebt werde, liege darin, dass die ZKHL mit dem Label „Gutes aus deutscher Landwirtschaft“ die vollständige hiesige Herkunft angebe, erläutert der Geschäftsführer. Bei Fleischprodukten würden Lebensmittel von Tieren gekennzeichnet, die hierzulande geboren, aufgezogen, geschlachtet und verarbeitet worden seien. Bei Milch gehe es um das Melken und die Weiterverarbeitung in Deutschland. Mit Blick auf die Entscheidungsfindung innerhalb der ZKHL stellt Jürgens klar, dass diese entscheidungsfähig sei. Jedoch seien Entscheidungen keine Selbstläufer. „Sie bedürfen des intensiven Austauschs, des Gesprächs und der Arbeit. Und diese Arbeiten müssen erst abgeschlossen werden, bevor man dann Entscheidungen trifft“, so der ZKHL-Geschäftsführer. Es gehe um komplexe Themen, die abgestimmt werden müssten. Das brauche Zeit, Vertrauen und das müsse im Dialog und im Miteinander wachsen. Zentrale Prämisse ist für Jürgens, eine nachhaltige Wertschätzung für Lebensmittel aus deutscher Herkunft zu schaffen.
Die vom Bundeskabinett gebilligte Herkunftskennzeichnung für frisches Fleisch füllt nach Einschätzung des ZKHL-Geschäftsführers eine Lücke. „Der große Wurf ist es aber nicht“, so Jürgens. Zwar werde das Thema Herkunftskennzeichnung weiterentwickelt; es stelle aber keine Innovation dar. Nicht nachvollziehbar sei, warum 2015 nicht konsequent sämtliche Angebotsformen von frischem Fleisch in die Kennzeichnungspflicht mit einbezogen worden seien. „Das war damals eine politische Entscheidung“, stellt der ZKHL-Geschäftsführer im Rückblick fest. Handlungsbedarf macht er auch bei der Herkunftskennzeichnung von Fleischprodukten in der Gastronomie aus. Dabei seien sicher keine „Begeisterungsstürme auf Seiten der Gastronomie“ zu erwarten. Mit der Regionalmarke Eifel werde das aber beispielsweise schon durchaus erfolgreich praktiziert. Gefragt nach dem „Labeldschungel“ auf Verpackungen räumt Jürgens ein, dass das „sicher anspruchsvoll“ sei. Er weist aber darauf hin, dass die verschiedenen Zeichen unterschiedliche Aufgaben besäßen und unterschiedliche Inhalte widerspiegelten. (AgE)
Agrar- und Ernährungswirtschaft zunehmend in der Kritik
Innerhalb eines Jahres hat sich die Zahl kritischer Berichte über die Agrar- und Ernährungswirtschaft nahezu verdoppelt. Das geht aus dem jüngsten Issue-Monitor der AFC Risk & Crisis Consult hervor. Demnach wurden für das Jahr 2022 insgesamt 2 171 kritische Veröffentlichungen erfasst. Im Schnitt sei pro Tag sechs Mal kritisch über die Branche berichtet worden. Auf die Top-5-Themen „Tierwohl & Tierhaltung“, „Politik & Gesetze“, „Umwelt & Klima“, „Kennzeichnung & Label“ und „Rückstände & Kontaminanten“ entfielen dabei laut der AFC-Auswertung über die Hälfte aller Issues. Als Erklärung für die enorme Zunahme der öffentlichen Branchenkritik verweist das Beratungsunternehmen auf die vermehrt negativen Meldungen in der öffentlich kontrovers geführten Diskussion der Politik um die Tierhaltung, den Klima- und Umweltschutz sowie die Kennzeichnung der Produkte. So setzte sich laut dem AFC-Issue-Monitor der Trend zu Meldungen über tatsächliche oder vermeintliche Missstände in der Nutztierhaltung unvermindert fort. Die negative Berichterstattung zu Haltungsformen, Tiertransporten und Tiergesundheit sorge dafür, dass die öffentliche Kritik um Tierwohl und an der Tierhaltung mit 20 % aller Meldungen auf Platz eins stehe. Mit 19 % der Issues folgten knapp dahinter kritische Veröffentlichungen zur politischen Diskussion um geplante oder bereits verabschiedete Gesetze wie zur Tierhaltungskennzeichnung und zu Lieferkettensorgfaltspflichten. Rund ein Zehntel aller Negativberichte bezog sich auf die Kritik an Treibhausgasen der Landwirtschaft und an deren Umweltverschmutzung. Für den Geschäftsführer der AFC Risk & Crisis Consult, Dr. Michael Lendle, zeigt der Monitoringbericht 2023, dass die Kritik vieler sogenannter Tierrechtler, Umweltaktivisten und Verbraucherschützer an der tatsächlichen Nachhaltigkeit der Agrar- und Ernährungsbranche nicht nur in den Medien, sondern auch in einer breiten Öffentlichkeit angekommen ist. „Inwieweit die Kritik berechtigt oder unberechtigt ist, muss indes an anderer Stelle diskutiert und geklärt werden“, betonte Lendle. Er rät den Wirtschaftsbeteiligten der Agrar- und Ernährungswirtschaft, sich frühzeitig und umfassend mit potentiellen Vorwürfen an einer nachhaltigen Wirtschaftsweise auseinanderzusetzen, um letztlich die eigene Reputation von Unternehmen und Marken sowie das Image einer gesamten Branche zu schützen. (AgE)