Aus geostrategischen, nachhaltigkeitspolitischen und wirtschaftlichen Gründen ist der Ende Juni 2022 erfolgte Abschluss eines Handelsabkommens zwischen der Europäischen Union und Neuseeland aus Sicht der Bundesregierung zu begrüßen. Neuseeland sei ein Wertepartner der EU; entsprechend sei das Abkommen äußerst fortschrittlich, nachhaltig und modern konzipiert, heißt es in einer Antwort der Regierung auf eine Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu den Auswirkungen der Vereinbarung auf die heimische Landwirtschaft. Hingewiesen wird darauf, dass das „Handelsabkommen als Paket verhandelt“ worden sei und nicht nur den Agrarhandel, sondern den gesamten Güterhandel umfasse. Insgesamt sei der „Pakt ausgewogen“. Nach Einschätzung der Regierung werden die neuen Exportchancen für die deutsche Land- und Ernährungswirtschaft „überschaubar“ bleiben, was auch an der geografischen Abgeschiedenheit Neuseelands liege. Neben der weitgehenden Liberalisierung von Zöllen im Agrar- und Lebensmittelbereich sehe das Abkommen auch den Schutz einiger geografischer Angaben vor, was insbesondere der deutschen Weinwirtschaft zugutekomme. Außerdem würden nicht-tarifäre Handelshemmnisse wegfallen, was beispielsweise die Erteilung von Exportzertifikaten für Schweinefleisch erleichtere. Neuseeland gehöre bisher jedoch nicht zu den Hauptkunden von deutschem Schweinefleisch und die Afrikanischen Schweinepest (ASP) erschwere möglicherweise dort den Absatz, räumt die Regierung ein. Für einige Milchprodukte, insbesondere Butter und Käse würden die Exporte aus Deutschland beziehungsweise der EU nach Neuseeland vollständig liberalisiert und beispielsweise für Molkenpulver die Einfuhrzölle abgesenkt. Aufgrund der hohen Eigenversorgung und der geringen Bevölkerungszahl sei das Land für diese Produkte jedoch kein erfolgversprechender Zielmarkt. Mit einer vergleichsweise hohen eigenen Weinproduktion dürfte nach Einschätzung der Regierung Neuseeland auch kein großer Absatzmarkt für die heimische Weinwirtschaft werden.
Höhere Einfuhr von Milchprodukten erwartet
Sensible Agrarerzeugnisse wie Milcherzeugnisse sowie Rind- und Schaffleisch werden auf der Importseite laut Regierung in Deutschland und der EU durch zollbegünstigte oder zollfreie Kontingentsmengen geschützt. Zusätzliche Mengen für den abgabefreien Marktzugang seien im Abkommen nur für Käse vorgesehen; für Butter, Magermilchpulver und Vollmilchpulver gebe es keine zollfreie Einfuhr. Der Zollsatz für die begünstigte Kontingentsmenge bei Butter solle schrittweise innerhalb von sieben Jahren nach dem Inkrafttreten auf 5 % sinken; für Magermilch- und Vollmilchpulver auf 20 %. Laut Bundesregierung wird nach einer ersten Einschätzung des Thünen-Instituts mit einer Ausschöpfung der Kontingentsmengen vor allem bei Butter und Käse gerechnet, möglicherweise auch bei Milchpulver. Sie wies darauf hin, dass bisher Milchimporte aus Neuseeland nach Deutschland kaum stattgefunden hätten. Wichtigste Handelspartner des Landes in Ozeanien bei Milchprodukten seien China, Australien, die Vereinigten Arabischen Emirate, die USA, Sri Lanka und Japan. Das Thünen-Institut gehe in seiner Schätzung von einer Zunahme der Einfuhr in die gesamte EU aus, die – verglichen mit einem hypothetischen Freihandelsszenario – allerdings gering ausfallen werde. In welchem Ausmaß Importe im Milchbereich aus Neuseeland nach Deutschland zukünftig tatsächlich stattfänden, könne allerdings nicht verlässlich prognostiziert werden, da der Umfang der Milcherzeugung in Neuseeland auch durch die geplante Erhebung einer Abgabe auf Treibhausgasemissionen des Agrarsektors wesentlich bestimmt und eingeschränkt werden könne, so die Regierung. (AgE)