Bilanz der deutschen Agrar- und Ernährungswirtschaft tiefrot

In der Agraraußenhandelsbilanz schreibt Deutschland mittlerweile eine tiefrote Zahl. Darauf hat die German Export Association for Food and Agriproducts (GEFA) am 10. Januar bei einem Online-Pressegespräch hingewiesen. Nach ihren Angaben standen im Zeitraum Januar bis Oktober 2023 den deutschen Einfuhren an Agrarprodukten und Lebensmitteln in Höhe von 61,4Mio.Tonnen Ausfuhren von nur 49,8Mio. Tonnen gegenüber. Das Mengendefizit belief sich damit bereits für die ersten zehn Monate auf den Rekord von 11,6Mio. Tonnen, womit es sich um 21,3% gegenüber dem Vorjahreszeitraum vergrößerte.
Für das Gesamtjahr 2023 geht die GEFA von einem Mengenrückgang beim deutschen Export von Agrarrohstoffen und Lebensmitteln von 3,0% auf 59,5 Mio. Tonnen aus. Dem Wert nach dürften die Agrarausfuhren gegenüber 2022 laut der Prognose des Dachverbandes im vorigen Kalenderjahr aber noch zugenommen haben, und zwar um 3,1 Mrd. Euro oder 3,3% auf 95,0 Mrd. Euro. Einschließlich der Landtechnik geht der Dachverband von einer Steigerung um 4,4% auf den Exportrekordwert von 106 Mrd. Euro aus.
Das sei zwar eine herausragende Leistung der Branche, ein Grund zur Freude sei es aber nur bedingt, erklärte GEFA-Sprecher Hartmut Kretschmer von der DMK Deutsches Milchkontor GmbH. Die Steigerungen seien in erster Linie auf die auch 2023 hohen Inflationsraten bei Agrarprodukten und Lebensmitteln zurückzuführen. Das Agraraußenhandelsdefizit betreffend sprach Kretschmer von einer „besorgniserregenden“ Entwicklung. Als Ursachen sieht er neben der sinkenden Akzeptanz für deutsche Produkte im Ausland auch die hierzulande politisch gewollten Produktionseinschränkungen. Kretschmer gab mit Blick auf die steigenden Importanteile aber zu bedenken, dass die Einfuhrware geringere Standards aufweise. Er beklagte, dass sich Deutschland als Gunststandort aus seiner „Versorgungs-Verantwortung“ auch für die Welt zurückziehe.
Der stellvertretende GEFA-Sprecher Jan-Bernd Stärk von der Westfleisch SCE mbH mahnte einen engeren Schulterschluss zwischen Politik und Wirtschaft an. Die Lebensmittelproduktion in Deutschland dürfe nicht weiter durch Bürokratie und Abgaben belastet werden. Vielmehr müsse sie gestärkt werden, wozu auch die Förderung des Agrarexports gehöre. Stärk verwies auf die immer größer werdende Konkurrenz im Ausfuhrgeschäft. Dies sei auch auf den Messen klar zu sehen. Der Westfleisch-Manager appellierte an die Politik, in Sachen Freihandelsabkommen offensiver voranzugehen, so zum Beispiel im Fall Australiens und dem Mercosur. Als positive Beispiele politischer Initiativen zur Stärkung des Agrarexports hob Stärk die vom Bundeslandwirtschaftsministerium (BMEL) im November „kurzfristig und entschlossen“ umgesetzten Reisen von Veterinärdelegationen aus Japan und den Philippinen hervor sowie die Ende Oktober/Anfang November durchgeführte Reise der Parlamentarischen Staatssekretärin im BMEL, Dr. Ophelia Nick, nach China.
Der GEFA zufolge müssen solche Initiativen für das Öffnen von Auslandsdrittmärkten durch das BMEL verstärkt werden. Im wichtigen China-Geschäft sei sogar die Unterstützung durch das Kanzleramt notwendig. Nicht weiter akzeptabel ist für den Dachverband eine weitere Schwächung des eigenen Standorts. Es gelte, den gesamten Welthandel in Richtung nachhaltige Produktionsverfahren weiter zu entwickeln, statt nur auf nationale Einzellösungen zu setzen. Die Instrumente der Exportförderung müssten beibehalten werden. Keinerlei Hoffnung machen sich da die Zuchttierexporteure. Antje Gödecke vom Bundesverband Rind und Schwein (BRS) stellte klar, dass die Ausfuhr von Lebendtieren politisch nicht mehr gewollt sei. Statt Unterstützung würden den Exporteuren Steine in den Weg gelegt. (AgE)

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