Deutsche Molkereiwirtschaft meldet Umsatzrekord

 

 

Die Preise am Milchmarkt sind für Erzeuger und Verbraucher im vergangenen Jahr auf Rekordniveau gestiegen, doch besteht jetzt ein Rückschlagpotential. Wie der Milchindustrie-Verband (MIV) am 24. Januar bei der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin berichtete, ist die Rohmilchproduktion hierzulande – aber auch bei internationalen Wettbewerbern – wegen der hohen Erzeugerpreise wieder deutlicher gestiegen. Dies habe bei verhaltener Nachfrage in Inflationszeiten bereits zu Preisrückgängen für Milchprodukte am Weltmarkt und im Großhandel geführt. „Dies wird Konsequenzen für die Rohmilchpreise haben, die im Laufe von 2023 nachgeben werden“, so der MIV-Vorsitzende Peter Stahl. Zwar seien auch die Produktionskosten der Milchbauern wieder etwas gesunken, doch blieben diese – ebenso wie bei den Molkereien – auf einem deutlich höheren Niveau als in früheren Jahren. Laut Stahl lag der durchschnittliche Milcherzeugerpreis im vergangenen Jahr bei rund 53 Cent/kg und übertraf damit das Niveau von 2021 um 46 %. Die Milchanlieferungen blieben lange Zeit unter der Vorjahreslinie, nahmen jedoch in den letzten Monaten von 2022 spürbar zu, so dass insgesamt mit fast 32 Mio t Rohmilch nahezu ebenso viel verarbeitet werden konnte wie 2021. Die geringeren Anteile von Fett und Eiweiß haben allerdings bei den Milchinhaltsstoffen zu einem moderaten Rückgang geführt. Aufgrund der höheren Verkaufspreise nahm der Umsatz der Molkereiwirtschaft laut Stahl gegenüber 2021 um rund 6,5 Mrd Euro oder fast 23 % auf das Rekordniveau von 35 Mrd Euro zu. Dem standen aber bei den Molkereien auch stark gestiegene Kosten gegenüber, so dass viele Unternehmen laut MIV „dennoch rote Zahlen“ schrieben.
MIV-Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser erwartet für 2023 „ein Jahr der Regulierungen“. Themen seien unter anderem die Verpackungsverordnung, das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz oder das Hinweisgeberschutzgesetz. „Wir geraten stark in den Sog überbordender Bürokratieanforderungen“, befürchtet Heuser. Das führe in den Unternehmen in schwierigen Zeiten zu weiter steigenden Kosten. „Wir appellieren an die Politik, haltet Augenmaß, denn wir kommen mit den Regulierungen nicht mehr nach“, so der MIV-Hauptgeschäftsführer. Er bemängelte hierbei die nicht vorhandene Kommunikation mit Landwirtschaftsminister Cem Özdemir. Es habe bisher noch kein „Milchgespräch gegeben – das Ministerbüro ist verschlossen“, beklagte Heuser. Kontakt gebe es nur auf Arbeitsebene.
Der stellvertretende MIV-Vorsitzende Hans Holtorf wies darauf hin, dass die Wirtschaft schon weiter vorangegangen sei und im Rahmen des Qualitätssicherungssystems für die Milcherzeugung (QM-Milch) die Systeme QM+ und QM++ mit Tierwohl- und Tiergesundheitskriterien entwickelt habe. Diese würden nun im Laufe von 2023 in den Läden des Lebensmitteleinzelhandels (LEH) zu finden sein und passten zur dortigen Haltungsformkennzeichnung. „Er wäre schade, wenn die mit viel Mühe auf die Bahn gebrachten Systeme mit Mehrerlösen für den Landwirt durch gesetzliche Regelungen über den Haufen geworfen würden“, erklärte Holtorf. Die geplante staatliche Tierhaltungskennzeichnung dürfe die Umsetzung des funktionierenden privaten Systems nicht stören.
Laut Stahl hat 2022 der Absatz von Milchprodukten bei hoher Inflation und schwindender Kaufkraft abgenommen, wobei Mehrwert- und Bioprodukte besonders gelitten hätten. Die Gruppe, die am oberen Ende höherpreisige Ware kauft, sei 2022 kleiner geworden. „Aber wir hoffen und glauben, dass diese wieder zurückkommen wird“, so der MIV-Vorsitzende. Zum geringeren Verkauf von Biomilch habe auch beigetragen, dass der Handel zwischenzeitlich die Preise für die Ökomilch stark angehoben habe, um seine Handelsspanne aufzubessern, was die Kaufzurückhaltung verstärkt habe. Einzelne Molkereien hätten aufgrund der rückläufigen Nachfrage die Biomilcherzeuger sogar aufgerufen, die Produktion zu drosseln. Heuser merkte an, dass der Biomarkt momentan „im schweren Fahrwasser ist, aber nach der Krise zurückkommen wird“. Bio habe eine gute Zukunft und „wenn der Deutsche wieder mehr Geld in der Tasche hat, kommt Bio wieder hoch“. (AgE)

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