GAP-Reform: Heinen-Esser für Verschiebung um ein Jahr

Vor dem Hintergrund des Ukraine-Krieges und den damit verbundenen Marktverwerfungen beziehungsweise kräftigen Preissteigerungen kann sich die nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser eine Verschiebung des Inkrafttretens der neuen Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) um ein Jahr vorstellen. Es gehe nicht darum, die Reform komplett über den Haufen zu werfen, stellte die CDU-Politikerin am 16. März beim Pressegespräch mit den Landesverbänden Bonn und Rhein-Weser des Verbandes Deutscher Agrarjournalisten (VDAJ) klar. Bei den jetzigen Preisen sollte nach Ansicht der Ministerin jedoch beispielsweise die Flächenstilllegung hinterfragt werden. Heinen-Esser unterstrich, erste Aufgabe der landwirtschaftlichen Betriebe sei die Produktion von Agrarrohstoffen und Lebensmitteln, und erst danach kämen der Klima-, der Umwelt- und der Naturschutz sowie anderes. Im Jahr 2018 habe es eine Dürre gegeben, 2020 das Corona-Jahr und jetzt der Ukraine-Krieg; „da sind wir froh, dass wir hier in Deutschland eine hohe Selbstversorgung haben“, betonte die Ressortchefin. Deshalb ist es aus Sicht der CDU-Politikerin wichtig, auch in Zukunft die landwirtschaftlichen Betriebe bei ihrer Aufgabe der Nahrungsmittelproduktion zu stärken und zu stützen. In die gleiche Kerbe schlug in der vergangenen Woche auch Niedersachsens Landwirtschaftsministerin Barbara Otte-Kinast. Auch sie forderte unter Verweis auf das globale Hungerproblem, hierzulande die Stilllegungsflächen auch für den Anbau von Getreide zuzulassen. Es gehe dabei nicht darum, Produktion und Umweltschutz gegeneinander auszuspielen. Umweltschutz sei auch für die Landwirtschaft und die Sicherung der Produktion zentral. In der aktuellen Situation sei die Nahrungsmittelerzeugung aber eine Frage der Menschlichkeit, so Otte-Kinast. Die Stilllegung könne auch erst ein Jahr später umgesetzt werden.
Mit Blick auf die Energiepolitik stellte Heinen-Esser fest, dass Photovoltaik auf dem Acker zwar ein schöner Zuverdienst sei, aber die Pachtpreise treibe und den Strukturwandel zu verschärfen drohe. Deshalb seien die Nutzungskonkurrenzen „klug anzuschauen“, mahnte die Düsseldorfer Landwirtschaftsministerin, die auch für die Landesumweltpolitik zuständig ist. Sie wies darauf hin, dass die Möglichkeiten von Solaranlagen auf Dächern gewerblich genutzter Gebäude und von Photovoltaik entlang der Autobahnen noch lange nicht ausgeschöpft seien. Bei einem Ausbau der erneuerbaren Energien ist laut der Ministerin ferner zu berücksichtigen, dass der Wind nicht immer weht und die Sonne nicht immer scheint. Da stelle sich die Frage, wer bei einem Ausbau von Wind- und Solarenergie dafür sorge, dass es im Stromnetz keine Spannungsabfälle gebe, so Heinen-Esser. Wesentliche Aufgabe sei jetzt auch, „wie wir die Häuser im nächsten Winter heizen“.
Scharfe Kritik übte Heinen-Esser am Vorgehen der neuen Bundesregierung in Sachen Düngeverordnung. Sie sei „stinkesauer“, dass nach dem Willen des Bundes nun ein neues Verfahren Anwendung finden solle. Mit der Abschaffung der Modellierung der Nährstoffbelastung gehe jedoch Fachlichkeit verloren. Der Ministerin zufolge könnten sich demnach die Roten Gebiete, die aktuell etwa 11 % der landwirtschaftlichen Flächen in Nordrhein-Westfalen ausmachen, mehr als verdoppeln, und „das in einer Lage der Verteuerung“ von Agrarprodukten beziehungsweise Lebensmitteln. Für akzeptabel würde die CDU-Politikerin die Abschaffung der Modellierung noch halten, wenn man später zu einer einzelbetrieblichen Betrachtung kommen würde. Dafür gebe es aber keine Rückendeckung in Berlin. Verärgert zeigte sich Heinen-Esser auch darüber, dass keinerlei Informationen von Berlin und Brüssel kämen: Es fehle jede Rückmeldung. (AgE)

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