Der deutsche Lebensmitteleinzelhandel kann die Preise von Molkereierzeugnissen nicht einfach selber bestimmen, sondern folgt dabei auch den Entwicklungen am Weltmarkt. Dies ist ein Ergebnis einer neuen Studie von Prof. Jens-Peter Loy und Dr. Thomas Bittmann der Universität Kiel. Sie untersuchten, mit Unterstützung der Edmund-Rehwinkel-Stiftung der landwirtschaftlichen Rentenbank, die Preis- und Kostentransmission bei Butter- und Milch entlang der Wertschöpfungskette.
Die Autoren stellen fest, dass die Preissetzung des Lebensmitteleinzelhandels von Teilen der Gesellschaft, sowie der Landwirtschaft kritisch gesehen wird. Denn in Deutschland gelten hohe Produktionskriterien, welche hohe Kosten verursachen. Selten werden diese von den Produktionserlösen gedeckt. Diese Einstufung des Handels als Preisbildender ist den beiden Autoren jedoch zu kurz gegriffen.
Die empirische (wissenschaftlich stichhaltige) Analyse der Kostenweitergabe in der Wertschöpfungskette verdeutlicht, dass die Preissetzung des Lebensmitteleinzelhandels erheblich von den Entwicklungen am Weltmarkt abhängt.
Die Veränderungen bzw. Impulse am Weltmarkt würden auf der einen Seite durch die Molkereien direkt an die Milcherzeuger weitergegeben werden. Auf der anderen Seite stellen sie die Verhandlungsgrundlage der Molkerei mit dem Lebensmitteleinzelhandel dar.
• Dies zeigt sich durch Preisverläufe der Handelsmarken, welche sich fast identisch zum Weltmarkt verhalten, denn diese Marken sind leicht substituierbar.
• Herstellermarken haben dagegen oft einen größeren preispolitischen Spielraum, da sie oft über Alleinstellungsmerkmale verfügen und sich so von Handelsmarken abgrenzen können.
• Will ein Milcherzeuger von den größeren Preisspielräumen profitieren, muss er entweder Einfluss auf eine Marke haben oder sogar im Besitz der Marke sein bzw. Anteile an dieser halten. Beispielsweise durch individuelle Eigenschaften der Rohmilch. Dabei genügen jedoch nicht mehr Merkmale wie „Weidemilch“ oder „gentechnikfrei“, denn diese seien inzwischen austauschbar.
Man müsse Produktnischen entwickeln und neue Vermarktungsstrategien verwenden, um aus den Preisvorgaben des Weltmarktes zu entkommen, stellten die beiden Agrarökonomen fest.
Gleichzeitig weisen sie darauf hin, dass die Gründung einer eigenen Marke mit hohen Kosten und viel Know-How verbunden sei. Auch sei es schwierig eine eigene Marke aufrecht zu erhalten, dass sähe man am Beispiel von „Die faire Milch“, welche in Deutschland bisher nur sehr gering etabliert sei. In Österreich wurde diese Marke im Juli 2020 eingestellt (mehr dazu unter: „Ende der A faire Milch“ ).
Wichtig zu erwähnen ist seitens der Wissenschaftler, dass eine solche Nischen-Strategie nicht für die breite Masse der Milcherzeuger anwendbar ist. Da die größte Nachfrage der Verbraucher eben bei Handelsmarken bestehe und diese Nachfrage bedient wird. (AgE)