MIV lehnt staatlichen Eingriff in Vertragsbeziehungen ab

Das Bundeslandwirtschaftsministerium macht beim Vorhaben zur nationalen Anwendung von Artikel 148 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) Ernst. Ein Referentenentwurf zur Änderung der Agrarorganisationen- und Lieferketten-Verordnung befindet sich seit kurzem in der Ressortabstimmung. Geplant ist ein gesetzlich verpflichtender Milchliefervertrag zwischen Molkereien und Erzeugern über die Menge und den Preis. Am 28. März bekräftigte der Milchindustrie-Verband (MIV) seine Kritik an dem staatlichen Eingriff in die Milchlieferbeziehungen.
„Durch den Artikel 148 wird sich die Situation der Erzeuger am Milchmarkt nicht positiv und nicht nachhaltig verändern“, betonte der Verband. Es würden nur kaum zu realisierende Hoffnungen geweckt, denn der Preis entstehe unter Weltmarkteinfluss durch Angebot und Nachfrage. Vorgeschriebene Absicherungsangebote über 80% der vertraglichen Milchmenge könnten bei Nutzung von Warenterminbörsen zu einem gleichmachenden Milchpreis für alle Erzeuger führen, so der MIV. Es komme aber nicht zu einem höheren Preis, wie es die individuelle Leistung eines Molkereiunternehmens zu verhandeln vermöge.
Ein Vergleich mit dem Ausland sei ebenfalls hilfreich, betonte der MIV. Unter anderem in Frankreich sei ähnliches versucht worden, und es habe nichts gebracht. Dies belegten auch wissenschaftliche Analysen des Thünen-Instituts. In Frankreich habe es keinerlei signifikante Verbesserungen für die Milcherzeuger gegeben, gerade in der Zeit höchster Milchpreise in Deutschland. Der Verband bemängelte außerdem, dass die Regelung zu einem hohen bürokratischem Aufwand führe, obwohl seit Jahrzehnten ein Abbau seitens der Politik versprochen werde. Es müssten zahlreiche Vertragsverhandlungen geführt und dokumentiert werden. Laut MIV werden rund zwei Drittel der deutschen Milch genossenschaftlich erfasst. In den Genossenschaften hätten die Milcherzeuger als Besitzer die Vertragshoheit. Dort gehöre die Vertragsverhandlung in die Hände von Erzeugern und Verarbeitern und bedürfe keiner gesetzlichen Einmischung.
Laut MIV beinhaltet der Referentenwurf juristisch vage Formulierungen, was nach dessen Umsetzung zu vermehrten zivilrechtlichen Klagen führen kann. Zudem fehlten klare Leitlinien für die Vertragsverhandlungen zwischen den Erzeugern und den Molkereien, um die Situation in der Praxis abzubilden. Unverständlich ist für den MIV weiterhin, warum das Bundeslandwirtschaftsministerium die Anwendung von Artikel 148 vorantreibt, obwohl sich im Sommer 2023 auf der Berliner Milchkonferenz die überwiegende Mehrheit in der Arbeitsgruppe dagegen ausgesprochen hatte. Auch auf dem Berliner Milchforum im März 2024 hatten sich Erzeugervertreter, die eine deutliche Mehrheit der Milchbauern vertreten, gegen die Einführung des Artikels 148 gewandt. Bei der jüngsten Agrarministerkonferenz (AMK) der Bundesländer Ende März gab es ebenfalls keine Mehrheit für den Artikel 148. Der MIV forderte das Bundeslandwirtschaftsministerium deshalb auf, von diesem Gesetzentwurf abzusehen. (AgE)

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