MIV wirbt für mehr Geld für die Initiative Milch

 

Gesellschaftliche Akzeptanz der Milchviehhaltung ist für Hauptgeschäftsführer Heuser eine „Lizenz zum Produzieren“ – Milchbauern sollen sich in die agrarpolitische Diskussion zur Zukunft der GAP einmischen – Chemnitz von Agora Agrar plädiert für Ausstieg aus der EU-Basisprämie – Der IVM-Vorsitzende Schmidt pocht auf kostendeckenden Milchpreis und planbare Rahmenbedingungen – IVM-Jahrestagung am Seddiner See
Zwei Jahre nach dem Start der Initiative Milch 2.0 GmbH sieht der Milchindustrie-Verband (MIV) die Branchenkommunikation auf einem guten Weg. Für einen noch stärkere Wirkung der Kommunikationsmaßnahmen würde MIV-Hauptgeschäftsführer Eckhard Heuser aber gerne mehr Geld bei den Molkereien mobilisieren. Zu Zeiten der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft (CMA) habe allein die Milchwirtschaft 30 Mio Euro zur Absatzförderung beigetragen, erinnerte Heuser vergangene Woche auf einer Tagung des Interessenverbandes Milcherzeuger (IVM) in der Heimvolkshochschule am Seddiner See. „Mit einem Jahresbudget von 3 Mio Euro für die Initiative Milch können wir aktuell wenig machen, aber wir sollten es machen“, stellte Heuser in einer Podiumsrunde klar. Gegen einen gesellschaftlichen Trend wie den Veganismus sei allerdings auch mit viel Kreativität und guten Marketingideen schwer anzukommen, räumte er ein. „Und wenn uns immer wieder Fälle von Tierschutzverstößen dazwischenfunken“, sei die Milchbranche teils selber schuld. Tierwohl und eine gesellschaftlich akzeptierte Haltungsform sind für den MIV-Hauptgeschäftsführer „Lizenzen zum Produzieren“. Daher sollte die Tierwohldiskussion nicht auf höhere Produktionskosten verkürzt werden. „Wenn wir die Transformation der Nutztierhaltung nicht gemeinsam mit Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hinbekommen, haben wir als Agrarbranche verloren“, so Heuser, der einer von drei Gesellschaftern der Initiative Milch 2.0 GmbH ist.
Die Landwirte sollten sich aktiv in die laufende Diskussion um die Zukunft der Gemeinsamen europäischen Agrarpolitik (GAP) einbringen, riet der MIV-Hauptgeschäftsführer den Mitgliedern des IVM, in dem sich nach der Wende große und professionell gemanagte ostdeutsche Milcherzeugerbetriebe organisiert haben. „Sonst ist das Geld aus der Ersten Säule weg – und nur die Erste Säule ist Ihnen sicher“, betonte Heuser. Der Erhalt der Direktzahlungen sei umso wichtiger, als der Wettbewerb am europäischen Milchmarkt mit den Freihandelsabkommen mit Neuseeland und Australien absehbar härter werde. „In sieben Jahren werden Ihnen die Herren Aldi, Oettker und Nestlé sagen, wo der Milchpreis in Neuseeland steht. Und wenn wir das in Deutschland nicht schaffen, werden die Branchengrößen woanders kaufen“, sagte Heuser voraus. Die Betriebsleiter sollten die nächsten Jahre deshalb nutzen, um ihre Wettbewerbsfähigkeit weiter zu verbessern. „Die Kollegen in Australien und Neuseeland werden die neue Benchmark sein“, erklärte der MIV-Hauptgeschäftsführer.
Dr. Christine Chemnitz von Agora Agrar hält indes wenig davon, allein auf den Weltmarkt zu setzen. „Einige Betriebe werden bei den Produktionskosten mithalten können, viele aber nicht“, warnte die Direktorin des neuen Berliner Think Tanks. Chemnitz plädierte dafür, bei der Agrarförderung umzusteuern, um die Abhängigkeit der Bauern vom Weltmarkt zu verringern. Für eine höhere gesellschaftliche Akzeptanz der Agrarförderung müsse künftig besser kommuniziert werden, was die Landwirte jenseits der Milchproduktion noch für die Gesellschaft leisteten, beispielsweise den Erhalt von Grünland oder den Schutz der Biodiversität: „Das sind gesellschaftlich gewünschte Ziele, mit denen die Landwirtschaft aber künftig auch Geld verdienen können muss“. Gleichzeitig wiederholte die Wissenschaftlerin die jüngste Forderung von Agora Agrar, ab 2028 schrittweise und vollständig aus der Basisprämie der Ersten Säule auszusteigen. Parallel dazu müssten nach und nach Prämien zur Honorierung von Gemeinwohlleistungen aufgebaut werden. „Das ist eine harte Nachricht, eröffnet aber umgekehrt die Chance, künftig sogar mehr Geld für gesellschaftlich gewünschte Leistungen zu bekommen“, argumentierte Chemnitz. Die Alternative seien immer weiter reduzierte Direktzahlungen, weil es immer schwieriger werde, für diese im EU-Haushalt eine Begründung zu finden. „Wir müssen Gelder künftig zielgerichtet einsetzen, um sie für die Landwirtschaft zu erhalten“, so das Fazit von Chemnitz.
Der IVM-Vorsitzende Christian Schmidt pochte bei der Tagung auf einen kostendeckenden Milchpreis. Aktuell sei das Milchgeld im Sinkflug, während überall für höhere Löhne gestreikt werde. „Löhne im Milchviehbetrieb können aber nur aus dem Milchgeld bezahlt werden“, stellte Schmidt klar. Mindestlöhne würden den Agrarbetrieben aufgedrückt, aber die Politik tue nichts für planbare Rahmenbedingungen. Gleichzeitig seien die Margen im Handel bei Lebensmitteln groß wie nie. Die Vorschläge von Chemnitz, sich künftig gesellschaftlich gewünschte Leistungen bezahlen zu lassen, sieht der IVM-Vorsitzende kritisch. Für eine Blühwiese wolle letztlich niemand bezahlen. „Das generiert viel Verwaltungs- und Kontrollaufwand, der auch nicht produktiv ist“, gab Schmidt außerdem zu bedenken. (AgE)
Der IVM-Vorsitzende Christian Schmidt pochte bei der Tagung auf einen kostendeckenden Milchpreis. Aktuell sei das Milchgeld im Sinkflug, während überall für höhere Löhne gestreikt werde. „Löhne im Milchviehbetrieb können aber nur aus dem Milchgeld bezahlt werden“, stellte Schmidt klar. Mindestlöhne würden den Agrarbetrieben aufgedrückt, aber die Politik tue nichts für planbare Rahmenbedingungen. Gleichzeitig seien die Margen im Handel bei Lebensmitteln groß wie nie. Die Vorschläge von Chemnitz, sich künftig gesellschaftlich gewünschte Leistungen bezahlen zu lassen, sieht der IVM-Vorsitzende kritisch. Für eine Blühwiese wolle letztlich niemand bezahlen. „Das generiert viel Verwaltungs- und Kontrollaufwand, der auch nicht produktiv ist“, gab Schmidt außerdem zu bedenken. AgE

 

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