Die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG) hat die Entgelttarifverträge gekündigt. Ein Jahr nach dem letzten Tarifabschluss stellt sie neue Forderungen für die rund 19.000 Beschäftigten in der bayerischen Milchwirtschaft. Die Unternehmen kämpfen jedoch mit Rohstoffknappheit und steigenden Kosten.
Am 21. September 2021 beginnen die neuen Tarifverhandlungen der bayerischen Milchwirtschaft. Der Tarifbeschluss im vergangenen Jahr ergab Erhöhungen von 2,7 Prozent, eine einmalige Corona-Prämie und eine Anhebung der Ausbildungsvergütung. Nun fordert die NGG eine Entgelterhöhung von 5,5 Prozent bei einer tarifvertraglichen Laufzeit von 12 Monaten, mindestens jedoch monatlich 180 Euro mehr Lohn, eine Angleichung aller Ausbildungsvergütungen sowie einen eigenständigen Tarifvertrag einer Berufsunfähigkeitsversicherung.
Mit ihren Forderungen schenkt die NGG der aktuell schwierigen Situation der Unternehmen wenig Beachtung. Die Folgen der Corona-Krise machen ihnen zu schaffen. Die Pandemie führt unter anderem zu Beschaffungsengpässen bei Rohstoffen wie Kunststoff oder Holz und lässt Lieferketten abreißen.
„Gemeinsam mit unseren Mitarbeitern haben wir als Unternehmen die bisherigen Herausforderungen bewältigt und die Versorgung der Bevölkerung mit Milch- und Molkereiprodukten auch während der COVID-19 Pandemie sicherstellen können. Gleichzeitig erleben wir seit geraumer Zeit eine außerordentlich herausfordernde Marktsituation, insbesondere im Hinblick auf insgesamt steigende Kosten. So haben sich beispielsweise die Kosten für Holzpaletten mehr als verdoppelt; auch die Entwicklung der Kosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe sowie der Transportkosten ist dramatisch. Diese Situation muss ein Tarifvertrag berücksichtigen“, sagt Dr. Thomas Obersojer, Vorstands-vorsitzender Bayerische Milchindustrie eG.
Auch der pandemiebedingte Gesundheitsschutz verursacht bei den Unternehmen erhebliche zusätzliche Kosten. Unternehmen investieren in effektive Schutzkonzepte, Testangebote oder betriebliche Impfkampagnen. Damit schützen sie ihre Beschäftigten – und stellen die verlässliche Versorgung der Bevölkerung mit Milchprodukten sicher.
Der Export von Produkten erholt sich langsam. Doch Bayerns Molkereien leiden immer noch unter den Einbrüchen im Großhandel und der Gastronomie. Vor allem während der Lockdowns wurden nur ein Bruchteil der normalen Mengen bestellt. Rund 60 Prozent der hergestellten Milch- und Molkereiprodukte sind für den Export oder den Konsum außer Haus bestimmt. Der Absatz auf Festen und größeren Veranstaltungen fällt auch in diesem Jahr weitgehend aus. Dies spiegelt sich in den Umsatzzahlen wider.
„Trotz der teilweisen Stabilisierung der Marktlage ist es auch für das Jahr 2021 in der bayerischen Milchwirtschaft nicht möglich, von einer positiven Geschäftsentwicklung zu sprechen. Szenarien pandemiebedingter Vorgaben wie zum Beispiel Quarantäne, Mobiles Arbeiten, Testangebote an Mitarbeiter, ein weiterer Lockdown etc. sowie die verschärfte Rohstoffsituation führen zu kaum kalkulierbaren Risiken für die Branche. Nicht zu vergessen ist auch, dass viele Veranstaltungen fehlen und der Verzehr außer Haus noch immer eingeschränkt stattfindet“, so Susanne Glasmann, Geschäftsführung vom Verband der Bayerischen Privaten Milchwirtschaft e. V.