Auch in Frankreich formiert sich Widerstand gegen die Nährwertkennzeichnung Nutri-Score. An die Spitze der Gegenbewegung setzten sich in der vergangenen Woche die Hersteller des Blauschimmelkäses Roquefort. Sie fordern für den Fall einer Kennzeichnungspflicht eine Ausnahme für ihr Produkt und letztlich für alle Käse mit einem offiziellen Qualitätszeichen. Der Nutri-Score würde nach Angaben der Käseerzeuger auf Roquefort ein „E“ und damit die schlechteste Bewertung ausweisen. Für die Erzeugergemeinschaft ist die Kennzeichnung ein „kontraproduktives und vereinfachtes“ System, dass bedeutende Lebensmittel mit eindeutigem Gesundheitsnutzen benachteilige und nur bei stark verarbeiteten Produkten sinnvoll angewendet werden könne. Es sei nicht angemessen, Lebensmittel nach einer begrenzten Auswahl von Kriterien und nicht ganzheitlich zu bewerten. Die etwa 3 500 angeschlossenen Schafhalter und die 2 000 Beschäftigten der Käsereien sehen ihr Produkt „an den Pranger gestellt“ und die „Freude an gutem Essen“ bedroht. Unterstützung erhielten die Roquefort-Hersteller von der Interprofession für Käsespezialitäten (CNAOL). Der Branchenverband will Medienberichten zufolge alle Produkte mit geschützten Herkunftskennzeichnungen von einer möglichen Kennzeichnungspflicht ausnehmen, aber zugleich die Debatte nicht in die Öffentlichkeit tragen. Die Verbraucherschutzorganisation „Consommation, logement et cadre de vie“ (CLCV) betonte derweil, ein fettiger und salziger Käse bleibe auch mit einer geschützter Ursprungsbezeichnung (g.U.) salzig und fettig. Auch bei Lebensmitteln mit einem Qualitätssiegel müssten die Gehalte an Fett, Salz und Kalorien beachtet werden. Der Nutri-Score solle es den Verbrauchern ermöglichen, eine fundierte Wahl anhand eines Vergleiches der ernährungsphysiologischen Qualität von Produkten der gleichen Familie zu treffen; dies müsse auch bei Käse möglich sein. Von offizieller Seite scheint indes die Überarbeitung des Nutri-Score-Algorithmus in Betracht gezogen zu werden. Landwirtschaftsminister Julien Denormandie signalisierte bei einer Fragestunde im Parlament Verständnis für die Bedenken der Käsehersteller und stellte in Aussicht, dass die Einstufung „an die Realitäten des Konsums“ angepasst werde. (AgE)