Grasfütterung für Kühe nachhaltiger

Kühe auf der Weide wirken sich positiv auf den Flächenverbrauch, das Klima und das Tierwohl aus. Ohne den Einsatz von Maissilage und Kraftfutter würde die Milchmenge je nach Szenario um bis zu 50 Prozent sinken. Auch die Fleischproduktion würde deutlich zurückgehen. Gleichzeitig würden aber 2,4 Mio. Hektar Ackerflächen frei, auf denen bisher Mais und anderes Ackerfutter für Kühe und Mastrinder angebaut werden. Dies ist das Ergebnis einer Studie des Forschungsinstituts für biologischen Landbau (FiBL) Schweiz, die im Auftrag von Greenpeace erstellt wurde. Das FiBL berechnete in drei Szenarien, wie sich die Zahl der Rinder, die Menge an Milch und Rindfleisch gegenüber heute verändert, wenn der Anteil an Gras im Futter zwischen 85 % und 100 % liegt. Auf den freiwerdenden Flächen könnten Nahrungsmittel für den Menschen angebaut werden. So ließe sich zweieinhalb bis dreieinhalb Mal mehr pflanzliches Protein erzeugen, als an tierischem Protein durch die Abnahme der Milch- und Fleischproduktion wegfiele.
„Die Milchindustrie gaukelt Verbrauchern vor, dass Kühe vor allem Gras und Heu fressen“, monierte Greenpeace-Agrarreferent Martin Hofstetter am 18. MÄrz in Hamburg. Doch die heutigen Milchmengen seien nur möglich, wenn die Tiere viel Silomais und Kraftfutter bekämen. „Wir müssen die Kuh wieder zu dem machen, was sie ursprünglich war: ein exzellenter Verwerter von Grünland, das der Mensch ansonsten nicht bewirtschaften kann“, so Hofstetter. Er appellierte an die Politik, die Bewirtschaftung von Grünland beispielsweise durch eine Weideprämie zu fördern. Durch höhere Tierschutzstandards und Regeln zur Kennzeichnung von Weidemilch könne die Politik helfen, dass Rinder wieder vermehrt Gras erhielten. Das fördere die Gesundheit der Tiere und schütze das Klima und die Artenvielfalt.
Wie das FiBL zur Studie erläutert, wird im ersten Szenario GM das gesamte Grünland in Deutschland für die Milchproduktion genutzt. Im zweiten Szenario GM+N werden 90 % des Energiebedarfs von Grünlandflächen gedeckt, während 10 % aus Nebenprodukten der Lebensmittelherstellung – zum Beispiel Kleie, Biertreber, Melasse – stammen. Dieser Ansatz optimiere die Futtermischung und erhöhe die Milchleistung pro Kuh. Im dritten Szenario GMF CH folgt die Milchproduktion laut FiBL dem bereits in der Schweiz umgesetzten System der „Graslandbasierten Milch- und Fleischproduktion GMF“. Die Futterration besteht dann aus 85 % grünlandbasiertem Futter, 10 % Kraftfutter und 5 % Silomais. Neben der Milch produzierten diese Systeme auch immer Rind- und Kalbfleisch als Koppelprodukt, aber der Fokus der Szenarien liege vornehmlich auf einer hohen Milchproduktion, stellt das FiBL fest. Im GMF-Szenario würden zusätzlich zehn Prozent der Kühe als Mutterkühe gehalten, die ihre Kälber aufzögen und nicht zur Milchproduktion einsetzten. In der Schweiz und in Deutschland seien es derzeit 15 Prozent.
Im rein grünlandbasierten Szenario sinkt die Zahl der Milchkühe im Vergleich zu heute der Studie zufolge nur um gut 5%. Durch die längere Lebensdauer der Kühe und eine frühzeitige Schlachtung der Mastkälber sinkt die Gesamtzahl der Rinder aber um 25 Prozent. Die mittlere Milchleistung je Kuh und Jahr ist dabei mit 5.000 kg viel niedriger als im Vergleichssystem heute mit 8.400 kg. Dadurch sinkt die Milcherzeugung für den Menschen auf knapp die Hälfte. Auch die Gesamtproduktion an Fleisch geht um etwa die Hälfte zurück. Dieselben Muster lassen sich laut FiBL in den anderen Szenarien in abgeschwächter Form beobachten. Im GMF-Szenario verschiebt sich die Produktion wegen der Mutterkuhhaltung jedoch noch stärker zum Fleisch: Bei 40 Prozent weniger Milch nimmt hier die Fleischmenge um 25 Prozent ab.
Alle drei Szenarien führen nach Angaben des FiBL zu niedrigeren Treibhausgas-(THG)-Emissionen. Im Szenario GM sinken diese um 12 Megatonnen CO2-Äquivalente oder ein Drittel, wobei der Großteil dadurch eingespart wird, dass weniger Ackerflächen für die Futterproduktion benötigt werden. Geschätzt sind dies 2,3 Mio. Hektar Ackerland, auf denen dem FiBL zufolge 2,4- bis 3,2-mal mehr pflanzliches Protein produziert werden könnte als die Menge an tierischem Protein, die aufgrund der Abnahme der Milch- und Fleischproduktion weniger erzeugt würde.
Das Forschungsinstitut räumt indes ein, dass die Emissionen im GM-Szenario um 9 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Protein oder etwa ein Drittel steigen. Beziehe man die Emissionen aber auf die Gesamtproduktion an tierischen und pflanzlichen Proteinen, also inklusive der zusätzlichen Produktion auf den freiwerdenden Futterflächen, dann würden die Emissionen um 16 Kilogramm CO2-Äquivalente pro Kilogramm Protein oder mehr als 50 % sinken. Diese Berechnungen sind dem FiBL zufolge jedoch alle nur als grobe Richtwerte zu verstehen, da viele Annahmen mit teils großen Unsicherheiten einhergehen. Ein zentraler Parameter sei die Annahme zur Grünlandqualität und der Verdaulichkeit des dort wachsenden Futters. (AgE)

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