Während den Landwirten die deutlich gestiegenen Futter- und Energiekosten zu schaffen machen, schlagen bei der Molkereiwirtschaft auch höhere Verpackungs- und Transportkosten sowie Lohnsteigerungen zu Buche. Der Vorsitzende des Milchindustrie-Verbandes (MIV), Peter Stahl, ließ am 22. Oktober bei einer Pressekonferenz anlässlich der Mitgliederversammlung in Hamburg keinen Zweifel daran, dass diese Mehrkosten weitergegeben werden müssten, auch wenn sich der Handel noch sträube. „In kaum einer Phase waren Preiserhöhungen für die Milchbranche wichtiger denn je“, betonte der Vorsitzende. Dies gelte umso mehr, da neben den allgemeinen Kostensteigerungen noch der höhere finanzielle Aufwand für Tierwohlverbesserungen oder die Erfassung und Produktion der verschiedenen Mehrwertmilchsorten, wie Weide- oder gentechnikfreie Milch, hinzukäme. Stahl begrüßte die Signale des Handels, in den direkten Gesprächen mit den Landwirten auf deren schwierige Einkommenssituation einzugehen, doch sollte sich dies auch „in den Kontaktgesprächen mit den Molkereien widerspiegeln“. Den durchschnittlichen Milcherzeugerpreis sieht der MIV 2021 bei knapp 36 Cent/kg; das wären gut drei Cent oder rund zehn Prozent mehr als im Vorjahr. Die auch aus Sicht des MIV-Hauptgeschäftsführers Eckhard Heuser unabdingbare Anhebung der Molkereiabgabepreise wird nach seinen Worten wohl einen Beitrag zur Inflation der Lebensmittelpreise leisten. Aber Nahrungsmittel in Deutschland bleiben im internationalen Vergleich günstig und damit bezahlbar, betonte Heuser. Er hob zudem hervor, dass die deutsche Molkereiwirtschaft auch in Pandemiezeiten lieferfähig geblieben sei, doch bereite die derzeitige Situation der Verfügbarkeit von Vorprodukten Sorgen. Es gebe viele Probleme in der Lieferkette, und die hohen Energiekosten seien in der Milchwirtschaft mit der Notwendigkeit zu kühlen und zu erhitzen besonders spürbar. Der stellvertretende MIV-Vorsitzende, Hans Holtorf, wies mit Blick auf die Preisentwicklung darauf hin, dass „die Rahmenbedingungen des Weltmarktes extrem positiv und die Kurse an den Warenterminmärkten für die nächsten zwölf Monate auf einem unglaublich hohem Niveau sind“.
Die deutsche Milchbranche hat laut MIV 2020 einen Gesamtumsatz von 27,3 Mrd € erzielt, der in diesem Jahr preisbereinigt um rund zwei Prozent steigen dürfte. Das sei weit weniger als die Kostensteigerung. Weiteres Wachstum wird nach Auffassung des Verbandes in den kommenden Jahren über die Qualität und Mehrwert kommen müssen, denn mit einer Zunahme der Milcherzeugung wird nicht mehr gerechnet. Er bezweifle, dass die Milchproduktion in Deutschland in den kommenden Jahren noch höher zu sehen sein werde, sagte Stahl. In anderen Ländern der EU könne das jedoch anders aussehen. Laut Heuser werden jedoch der Green Deal und die Farm-to-Fork-Strategie mit ihren Maßnahmen zum Umweltschutz in Zukunft die Milcherzeugung dämpfen. Da werde eine Bremse reingeworfen, so der MIV-Geschäftsführer. Bezüglich der für das kommende Jahr geplanten Haltungsformkennzeichnung für Milch und Milchprodukte laufen laut Holtorf die Gespräche mit dem Handel auf der Plattform des Qualitätssicherungssystems für die Milcherzeugung (QM-Milch). Dabei seien die Standards definiert und müssten jetzt umgesetzt werden. Offen sei jedoch noch die Frage der Bezahlung, und zwar für Landwirte und die Molkereien. „Wir sind guten Mutes, dass wir im nächsten Jahr solche Produkte anbieten können“, erklärte Holtorf. Heuser betonte, dass Verbindlichkeit vom Handel benötigt werde, dann „könne das Schiff schnell aus dem Dock raus und in den Hafen einlaufen“. (AgE)