Umbau der Tierhaltung ist nicht konfliktfrei

 

Die restriktiven Vorgaben der niederländischen Regierung zur Verringerung des landwirtschaftlichen Stickstoffeintrags zur Einhaltung der EU-Nitratrichtlinie haben im vergangenen Jahr einen massiven Proteststurm der Bauern in dem Nachbarland ausgelöst. Insbesondere die Tierhalter fürchten – auch aufgrund vieler weiterer Auflagen – um ihre Existenz. Wie der Vorsitzende des Fachbereichs Milchwirtschaft im niederländischen Bauernverband (LTO), Erwin Wunnekink, am 24. Januar beim „Nordwestdeutschen Milchtreff“ im Rahmen der Internationalen Grünen Woche (IGW) in Berlin berichtete, hat auch die Land-Stadt-Problematik den Konflikt verschärft. Nicht nur Tierhalter und Bauern hätten sich den Protesten angeschlossen, sondern auch viele Landbewohner, die aufgrund der aus ihrer Sicht realitätsfernen Vorschriften um ihre Arbeitsplätze in landwirtschaftsnahen Bereichen und die Wirtschaftskraft des ländlichen Raumes insgesamt bangten. Wunnekink verurteilte die stellenweise auftretende Gewalt bei den Protesten, stellte jedoch fest, dass „diese erreicht haben, dass wir gehört werden“. Das allein reiche aber nicht, denn „es müssen Lösungen gefunden und das Puzzle gelöst werden“, so der LTO-Milchpräsident. Dies gelinge letztlich nur in der gesamten Wertschöpfungskette und gemeinsam mit Behörden, der Politik und der Gesellschaft. Es müsse eine Strategie und „neue Wertschöpfung für gutes Essen und eine grüne Umwelt“ geben, forderte Wunnekink. Hierfür seien auch technische Innovationen ein wichtiger Faktor. Ohne Kühe möge es weniger Emissionen geben, dann aber auch keine Nahrungsmittel und kein Grünland. Es müsse deshalb zu einem „integriertes Denken“ kommen, das alle Aspekte berücksichtige. Die „Trumpfkarte“ der Milcherzeuger sei dabei das Grünland mit seiner wichtigen Rolle für die Nahrungsmittelerzeugung aus nicht für Menschen verwertbarer Pflanzen sowie dessen Bedeutung für die Biodiversität und Kulturlandschaft.
Der Milchpräsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Karsten Schmal, stellte fest, dass viele Dinge und Probleme in Deutschland mit denen der Niederlande vergleichbar seien, auch wenn sie dort wegen der kleineren Fläche und höheren Viehdichte herausfordernder seien. „Ich mache mir großen Sorgen um die Tierhaltung hierzulande“, erklärte Schmal. Die Landwirtschaft sei bereit, den Weg zum Umbau mitzugehen, doch die Politik liefere nicht. Es werde nicht gesagt, wie der Umbau konkret aussehen solle und wie man diesen ausreichend finanzieren wolle. Die in Aussicht gestellte 1 Mrd Euro reiche nicht aus. „Das geht so nicht“, stellt der DBV-Milchpräsident klar. Aufgrund der Auflagenflut hätten schon viele Tierhalter aufgegeben, und jüngere Hofnachfolger hätten außerhalb der Landwirtschaft gute Arbeitsperspektiven. „In Berlin nimmt man scheinbar nicht wahr, was auf dem Land passiert“, monierte Schmal. „Wir Landwirte wollen Ernährung sichern und das Klima schützen, doch dafür brauchen wir verlässliche Rahmenbedingungen und Zukunftsperspektiven seitens der Politik“, betonte der DBV-Vizepräsident. Das gelte besonders für die jüngeren Hofnachfolger. (AgE)

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