Zahlungsbereitschaft für Produkte zwischen konventionell und ökologisch da

Gut ein Fünftel der Bundesbürger würde Milch und Milchprodukte kaufen, die ohne chemischen Pflanzenschutz, aber mit gezieltem Mineraldüngereinsatz hergestellt worden sind. Zudem wären sie bereit, dafür tiefer in die Tasche zu greifen. Zu diesem Ergebnis kommen Wissenschaftlerinnen der Universität Hohenheim im aktuellen Forschungsprojekt „LaNdwirtschaft 4.0 Ohne chemisch‐synthetischen PflanzenSchutz“ (NOcsPS). Untersucht wurde die Vermarktungsfähigkeit von Produkten aus einem Anbausystem, das keinen chemisch-synthetischen Pflanzenschutz zulässt, wohl aber die gezielte Verwendung von Mineraldüngern. Nach Auswertung einer repräsentativen Online-Befragung von 1.010 Personen können den Forscherinnen zufolge etwa 23% der deutschen Bevölkerung den „Zukünftigen Konsument:innen“ zugeordnet werden. Dieses Verbrauchersegment zeichne sich durch eine grundlegende Ablehnung gegenüber dem Einsatz von Pflanzenschutzmitteln in der Lebensmittelproduktion aus. Zudem sei ein höherer Anteil weiblicher und älterer Konsumenten identifiziert worden, die ein ausgeprägtes Bewusstsein für Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Lebensmitteln sowie mögliche Auswirkungen auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit zeigten. Die Verbraucher wären laut der Studie bereit, für Lebensmittel aus einem „System zwischen konventionell und ökologisch“ mehr zu zahlen als für konventionelle Vergleichsprodukte, und zwar im Mittel für NOcsPS-Milch 31%, für NOcsPS-Käse 23% und für NOcsPS-Butter 24%.
Laut den Wissenschaftlerinnen können sich NOcsPS-Produkte langfristig nur dann am Markt durchsetzen, wenn eine Verbraucherakzeptanz und auch eine Mehrzahlungsbereitschaft vorhanden sind. Die Forscherinnen sind sich aber sicher: „Es könnte das Agrarsystem der Zukunft werden“, denn es vereine Vorteile der konventionellen und der ökologischen Landwirtschaft und reduziere deren jeweiligen Nachteile. Die Wissenschaftlerinnen verweisen darauf, dass Entscheidungsträger ihre Erkenntnisse nutzen könnten. Sie sollten eine verständliche Kennzeichnung von Produkten entwickeln und sicherstellen, dass diese Produkte in der Gesellschaft glaubwürdig seien. Der Startschuss für das NOcsPS-Projekt fiel im Juni 2019; es läuft noch bis November 2024. An den verschiedenen Aspekten der Entwicklung des NOcsPS-Anbausystems arbeiten insgesamt 28 Verbundprojekte. Weitere Partner sind das Julius Kühn-Institut (JKI) und die Universität Göttingen. Gefördert wird das Vorhaben vom Bundesforschungsministerium (BMBF) im Förderprogramm „Agrarsysteme der Zukunft“ mit insgesamt fast 5,3 Mio. Euro. Die Verbundkoordination liegt in der Hand von Prof. Enno Bahrs vom Fachgebiet Landwirtschaftliche Betriebslehre der Universität Hohenheim. (AgE)

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